Mythos Schizophrenie |
09.04.2001 00:00 Uhr |
Über die Schizophrenie kursieren Vorurteile und Fehlinformationen. Das belegt eine Umfrage des Vereins "open the doors" e. V., der ein internationales Programm gegen die Diskriminierung schizophren erkrankter Menschen in Deutschland umsetzt.
Hier zu Lande erkrankten etwa 800 000 Menschen - 1 Prozent der Bevölkerung - mindestens einmal im Leben an Schizophrenie. Sie leiden unter Halluzinationen, Angstzuständen, Denk- und Wahrnehmungsstörungen. Stress und traumatische Erlebnisse, aber auch Drogenkonsum, können bei erblich vorbelasteten Menschen die Krankheit auslösen. Der Leidensdruck ist groß. Etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten begehen innerhalb der ersten zehn Jahre nach Krankheitsausbruch Selbstmord. Dabei ist die Erkrankung kein unausweichliches Schicksal: Bei den meisten Patienten ist es möglich, durch Medikamente und Psychotherapie die Symptome zum Abklingen zu bringen und Rückfälle zu vermeiden.
In der Vorstellung vieler Menschen sind Schizophrenie-Kranke unheimlich und gefährlich. Die gesellschaftliche Ausgrenzung verschlimmert die Symptome und verhindert oft die Rückkehr der Erkrankten in den Alltag. Die Umfrage von "open the doors" ergab: Fast drei Viertel der Befragten wissen nichts über die Ursachen der Schizophrenie, und 79 Prozent glauben, dass Schizophrene unter einer gespaltenen Persönlichkeit leiden. Dabei handelt es sich um ein besonders hartnäckiges Vorurteil, informiert der Verein. In Wahrheit zerfällt die Persönlichkeit eines Schizophrenie-Kranken nicht in widersprüchliche Eigenschaften. Die Krankheit führt vielmehr zu einer gestörten Denk-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit. Zum Zerrbild Schizophrenie tragen auch die Medien bei, so "open the doors". Die meisten Befragten gaben an, dass sie Schizophrenie-Kranke in Presse, Fernsehen und Film vor allem als gewalttätig und kriminell erlebt hätten. Dazu passt, dass fast zwanzig Prozent der Befragten in Schizophrenie-Patienten eine Gefährdung für die Öffentlichkeit sehen. Mit der Realität haben diese Klischees nichts zu tun: Nur ein kleiner Bruchteil aller Schizophrenie-Kranken kommt mit dem Gesetz in Konflikt.
Der Weltverband für Psychiatrie hat 1998 ein internationales Programm gestartet, um über die Krankheit aufzuklären und Akzeptanz für die Erkrankten zu schaffen. In Deutschland engagiert sich der Verein "open the doors" für diese Ziele. Koordiniert werden die Aktivitäten von Professor Dr. Wolfgang Gaebel von den Kliniken der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Hier ist auch die Zentrale des Kompetenznetzes Schizophrenie angesiedelt, eines bundesweiten Forschungsverbundes mit dem Ziel, Diagnostik, Prävention, Therapie und Rehabilitation schizophrene Störungen besser zu koordinieren.
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