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Kunststoffband bei Harninkontinenz erfolgreich

26.02.2001  00:00 Uhr

Kunststoffband bei Harninkontinenz erfolgreich

von Helga Vollmer, München

Wer unter Harninkontinenz leidet, verbirgt sein Problem oft aus Schamgefühl vor anderen Menschen und leugnet es vor sich selbst. Dabei könnte der Arzt helfen - je früher, desto besser. Für jede Art der Inkontinenz stehen entsprechende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Selbst bei schweren Formen der am häufigsten vorkommenden Belastungs-Inkontinenz kann jetzt mit einem neuen Verfahren Abhilfe geschaffen werden. Professor Dr. Ulf Umsten aus Uppsala, Schweden stellte die Methode während einer Pressekonferenz der Firma Gynecare, Norderstedt, vor.

Im Gegensatz zu anderen Operationsmethoden hat das neue, minimal-invasive TVT-Verfahren kaum Nachteile. Bei dem "Tension-free Vaginal Tape" (TVT), einer Erfindung von Ulmsten, wird ein 12 mm breites, gitterartiges Kunststoffband mit Hilfe zweier Nadeln von der Scheide aus unter die mittlere Harnröhre gelegt. Es gleicht die defekten bindegewebigen Strukturen des Beckenbodens aus und stabilisiert spannungsfrei die mittlere Harnröhre. Dabei muss die lokal anästhesierte Patientin mithelfen: Ihre Blase wird gefüllt, per Hustentest und durch Pressen kann während des Bandverlegens überprüft werden, wie stark das Band angezogen werden muss, damit unter Belastung kein Urin mehr abgeht.

Der ambulante Eingriff dauert knapp 30 Minuten. Eine postoperative Katheterisierung ist nicht nötig; Abstoßungsreaktionen treten nicht auf, da sofort Fibroblasten in das Netz einwachsen und es nach kurzer Zeit von körpereigenem Kollagen völlig ummantelt ist. Die Erfolgsquote der TVT-Methode liegt bei 85 Prozent, weitere 10 Prozent berichten auch nach fünf Jahren von einer Besserung ihrer Beschwerden, so Ulmsten. Informationen über das Verfahren können Patientinnen unter der Hotline 040/52 97 54 63 erfragen.

Gymnastik und Estrogene

Als erfolgreiche konservative Behandlungsmethoden der Belastungsinkontinenz nannte Professor Dr. Ludwig Quaas, Gynäkologe aus Freiburg, die Beckenbodengymnastik, die Behandlung mit Estrogenen sowie mit Pessaren. Der Behandlungserfolg einer Beckenbodengymnastik kann durch elektromyographische Biofeedback-Geräte erheblich verbessert werden, während beim Training selbst die in der Apotheke erhältlichen Vaginalkonen oder -kugeln hilfreich sind. Postmenopausale Estrogene, lokal oder systemisch verabreicht, verbessern die Stress-Inkontinenz bis zu 70 Prozent.

Bei schwerer Belastungs-Inkontinenz kann die Zeit bis zum Wirkeintritt anderer konservativer Therapiemaßnahmen oder bis zur Operation mit einem Urethralpessar überbrückt werden, das zusammen mit estrogenhaltiger Creme zum Beispiel vor sportlichen Aktivitäten eingeführt und abends wieder entfernt wird. Eine Ergänzung dazu ist der Urethralstöpsel, der zur Blasenentleerung entfernt wird.

Zu den Standardoperationen zählen die Kolposuspension und die Schlingenoperation. Bei ersterer wird die vordere Scheidenwand und damit der Blasenhals angehoben, bei der Schlingensuspension die bindegewebige Hängematte unter der Harnröhre durch eine Schlinge ersetzt.

Tabu brechen

Rund vier Millionen Frauen leiden unter Harninkontinenz. Statistisch kommen auf jeden der 40.000 Hausärzte Deutschlands 100 Patientinnen. Doch die meisten Betroffenen schämen sich ihres Harnabganges und nur ein Drittel konsultiert deswegen ihren Arzt. Der Grund: Jeder lernt als Kleinkind, seine Blasentätigkeit zu kontrollieren und plötzlich ist man als Erwachsener dazu nicht mehr in der Lage, erläuterte die Psychologin Professor Dr. Gertrud Krüskemper von der Ruhr-Universität Bochum. "Statt den Konflikt zu bewältigen, versuchen viele, diesen Zustand vor sich selbst zu leugnen oder zu bagatellisieren. Was zu einem peinlichen Versteckspiel auch mit den Personen führt, denen man das Symptom gar nicht verheimlichen kann: dem Partner oder den engsten Familienangehörigen."

Inkontinenz ist zwar keine lebensbedrohliche Krankheit, schränkt aber die Lebensqualität stark ein. Wegen der Gefahr des unkontrollierten Harnabganges und aus Angst vor möglicher Geruchsbelästigung ziehen sich die Betroffenen zurück und geraten in soziale Isolation.

Selbst für den Experten ist dieses Thema oft tabu. Deswegen forderte Dr. Bernd Zimmer, Allgemeinmediziner aus Wuppertal, dass der Arzt - und eventuell auch der Apotheker - die Anzeichen einer verschwiegenen Inkontinenz erkennt oder nachfragt und dem Betroffenen Hilfe anbietet. "Das Problem Inkontinenz wird nicht vorgetragen, der Arzt muss danach fragen; er muss es riechen, er sollte Signale registrieren: Auch bei jungen Frauen, die plötzlich nicht mehr zum Aerobic oder zum Schwimmen gehen." Top

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