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Zehn Jahre Institut Danone für Ernährung

09.12.2002  00:00 Uhr

Ernährungsforschung

Zehn Jahre Institut Danone für Ernährung

von Hannelore Gießen, München

Danone steht für Joghurt. Doch das Unternehmen sieht sich auch der Ernährungsforschung und -aufklärung verpflichtet und hat zu diesem Zweck mehrere wissenschaftliche Institute gegründet. Das deutsche feierte jetzt sein zehnjähriges Jubiläum und stellte dabei seine Arbeit vor.

„Childhood Obesity - Programming by Infant Nutrition“, kurz CHOPIN, ist eines der vom Institut Danone geförderten Projekte, erklärte Professor Dr. Berthold Koletzko von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Das EU-weite Programm hat zum Ziel, frühkindliches Übergewicht zu erforschen und einzudämmen. Denn nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich die Adipositas zu einer globalen Epidemie ausgeweitet. Die Weichenstellung dafür geschieht wahrscheinlich früh in der Entwicklung.

Der Münchner Kinderarzt vermutet eine metabolische Prägung. Dass gestillte Kinder seltener Übergewicht entwickeln, war schon länger bekannt. Das Team um Koletzko wies in einer viel beachteten Studie jedoch nach, dass zudem eine Dosis-Wirkungsbeziehung besteht: Je länger gestillt wurde, desto seltener kam es später zu Übergewicht. Dieser Effekt hält auch langfristig an. Die Ergebnisse legen einen kausalen Zusammenhang zwischen Stillen und späterer Adipositas nahe, den jetzt die an CHOPIN beteiligten Wissenschaftler weiter erforschen. Einer der Gründe für das häufigere Übergewicht nicht gestillter Kinder könnte die frühe Proteinzufuhr sein.

Ernährungsforschung der Zukunft

Polygene Erkrankungen, präventiv wirksame Inhaltsstoffe und das Ernährungsverhalten der Verbraucher stellte Professor Dr. Christian Barth, ehemaliger Direktor des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Bergholz-Rehbrücke, als ernährungswissenschaftliche Forschungsschwerpunkte der Zukunft vor. Polygene Erkrankungen werden durch genetische Komponenten bestimmt, aber auch durch den Lebensstil. Dazu gehört Diabetes ebenso wie Atherosklerose und Hypercholesterinämie. Die Genvarianten beruhen auf so genannten SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms), winzigen Abweichungen in der Nukleotidsequenz, durch die sich Individuen voneinander unterscheiden. Der Wissenschaftszweig, der sich damit befasst, die für die Ernährung relevanten SNPs aufzuspüren, heißt Nutreomics, analog den Genomics und Proteomics. Zusammen mit Epidemiologie und Bioinformatik soll Nutreomics die genetischen Feinschattierungen sowie ihre Interaktion mit der Umwelt entschlüsseln. Einer individuellen genetischen Prädisposition eine ebenso individuelle Prävention gegenüber zu stellen, bezeichnete Barth während seines Festvortrags als Idealziel.

Schützende Ernährungsbestandteile

Der zweite Schwerpunkt wird bei den präventiv wirksamen Inhaltsstoffen von Nahrungsmitteln liegen. Mehrere epidemiologische Studien belegen, dass ein Drittel aller Krebserkrankungen ernährungsbedingt ist. So zeigten verschiedene Untersuchungen, dass Vegetarier seltener an Krebs erkranken als Menschen, die sich mit Gemischtkost ernähren. „Allerdings kennen wir weder die Inhaltsstoffe noch die molekularen Targets im Körper. Für einen Forscher ist das eine höchst unbefriedigende Situation", erläuterte der Ernährungswissenschaftler. Um die vielen Nahrungsbestandteile schneller daraufhin zu untersuchen, müsse die Ernährungsforschung Methoden der Arzneistoffentwicklung wie die Hochdurchsatzanalyse übernehmen.

Bedürfnisse beachten

Als drittes Thema wird das Ernährungsverhalten im Mittelpunkt zukünftiger Ernährungsforschung stehen. „Wir wissen noch wenig darüber, wie Hunger und Sättigung reguliert werden“, betonte Barth. Zwar gehe man davon aus, dass externe und interne Signale in einem neuronalen Verbund verarbeitet werden und über das neuroendokrine System steuern, wann und welche Nahrung wir aufnehmen, doch sei das Wissen noch rudimentär. Fortschritte seien jedoch dabei erzielt worden, den Geschmacks- und Geruchssinn aufzuschlüsseln.

Die Neurobiologie bilde dabei jedoch nur einen von mehreren möglichen Zugängen. Ernährung ist ein soziokulturelles Phänomen mit tiefenpsychologischen und entwicklungsbiologischen Dimensionen. Menschen sind weniger an Ernährung interessiert als vielmehr am Essen. Ernährungsberatung kann deshalb auch nur Erfolg haben, wenn sie nicht nur bedarfs-, sondern vor allem bedürfnisgerecht ist.

Ernährungsberatung ad absurdum führte schließlich der Kabarettist Bernhard Ludwig. Er gab die perfekte Anleitung zum Diätenwahnsinn und schilderte, wie die bestgewogenen Personen sich vor und nach dem Naseputzen wiegen, dabei den Bauch einziehen und auf einem Bein balancieren, kurzum alles tun, damit ihnen die Waage etwas gewogener ist. Als garantiert erfolgreiche Anleitung zum Herzinfarkt empfahl er als stressfördernde Maßnahme: „Sie müssen es nur schaffen, sich über Kleinigkeiten so aufzuregen wie ein Steinzeitmensch es tat, wenn er von einem wilden Tier bedroht wurde.“

 

Mit Joghurt fing alles an 1919 gründete Isaac Carasso das Unternehmen und nannte es nach seinem Sohn Daniel Danône (kleiner Daniel). Betroffen über den schlechten Gesundheitszustand spanischer Kinder, beschäftigte sich Carasso mit Milchsäurebakterien. Er stellte Joghurt her, das zunächst nur ärztlich verordnet und in Apotheken abgegeben wurde. Nach und nach entwickelte sich ein internationales Unternehmen. Ein erstes wissenschaftliches Institut, gewidmet der Ernährungsforschung und -aufklärung, wurde 1991 in Paris gegründet, das zweite folgte ein Jahr später in München, heute sind es 14, die eng zusammenarbeiten. Wichtigste Aufgaben des Instituts sind die Förderung der Forschung sowie die Information von Verbrauchern und Patienten über Fragen zur Ernährung, sagte Professor Dr. Günther Wolfram von der Technischen Universität München, Präsident des Instituts Danone für Ernährung. Während die Forschungsförderung zunächst breit gestreut war, werden inzwischen Schwerpunkte gesetzt. 2001 lautete das Motto „Adipositas im Kindesalter“, 2002 war der Osteoporose gewidmet und 2003 werden sich die geförderten Projekte mit Nahrungsmittelallergien auseinandersetzen.

 

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