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Licht am Ende des Tunnels

22.11.1999  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag

Licht am Ende des Tunnels

von Ulrike Wagner, Eschborn

Billig sollte er sein, einfach anzuwenden und unkompliziert zu lagern. Außerdem sollte er die richtige Immunantwort provozieren, die lange anhält und vor einem Virus schützt, das sich rasend schnell verändert. Große Erwartungen, die bisher nicht erfüllt wurden. Die Rede ist von einem HIV-Impfstoff.

Vor fünf Jahren scheiterten zwei Vakzinen, auf die Wissenschaftler damals die größten Hoffnungen gesetzt hatten. Die nach einer Impfung produzierten Antikörper erkannten ausschließlich HIV-Stämme aus dem Labor. Frische Isolate aus infizierten Menschen vermehrten sich munter weiter, die Antikörper konnten ihnen nichts anhaben. Davon hat sich das Forschungsgebiet bisher nicht erholt. Im Gegenteil: Starteten von 1990 bis 1997 noch sechs klinische Studien zu HIV-Vakzinen pro Jahr, waren es 1998 gerade einmal drei und in diesem Jahr bisher gar keine.

Allerdings schimmert nun ein Silberstreif am Horizont. Denn Ende dieses Jahres und im nächsten Jahr wollen Forscher neuartige Ansätze in klinischen Studien testen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde NIH (National Institute of Health) setzt auf ein neues Konzept, bei dem ein Hüllprotein des HI-Virus (gp120) mit einer Kanarienpocken-HIV-Vakzine kombiniert wird.

Dahinter steckt die Idee, dass Menschen das HI-Virus am besten abwehren können, wenn verschiedene Zweige ihres Immunsystems gegen die Viren vorgehen. Das rekombinante HIV-Hüllprotein gp120 soll B-Zellen stimulieren und dafür sorgen, dass sie Antikörper dagegen produzieren. gp120 ist eines der Proteine auf der Oberfläche des HI-Virus, das relativ konstant bleibt. Der Kombinationspartner des Hüllproteins ist ein Pockenvirus, das nur Kanarienvögeln gefährlich werden kann. Menschliche Zellen kann das Virus zwar infizieren, sich dort aber nicht vermehren. Beladen mit HIV-Genen gelangt das Virus in die menschliche Zelle, die dann HIV-Proteine produziert. Die Forscher hoffen, dass sich zytotoxische T-Lymphozyten gegen diese Zellen richten und anschließend zusammen mit den Antikörpern auch eindringende HI-Viren bekämpfen.

An einer ersten Studie, die vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) finanziert wurde, nahmen 435 Personen teil. 80 Prozent von ihnen hatten ein erhöhtes Risiko, sich mit HIV zu infizieren. Sie erhielten zunächst die veränderten Kanarienvogelviren und in anschließenden Auffrischimpfungen das Hüllprotein gp120.

90 Prozent entwickelten Antikörper gegen HIV. Allerdings testeten die Wissenschaftler die Seren bisher nur gegen HIV-Laborstämme. 30 Prozent produzierten zytotoxische T-Lymphozyten gegen das Virus. Viele Forscher waren nach Veröffentlichung dieser Ergebnisse äußerst kritisch. Zwei Drittel der Menschen entwickelten keine zelluläre Immunantwort, und dass der Impfstoff gegen Laborstämme schützt, stimmte viele Forscher nicht unbedingt hoffnungsfroh. Allerdings haben die Wissenschaftler neue Kanarienvogelviren in der Pipeline, die vielleicht die zelluläre Immunantwort stärker stimulieren.

Andrew McMichael, T-Zell-Spezialist der Universität Oxford, setzt nun auf DNA-Vakzinen. Die Zellen im menschlichen Körper, in die die DNA gelangt, produzieren dann ebenfalls HI-Virusproteine. McMichael hofft, dass er auf diesem Weg die zelluläre Immunantwort auf HIV-Proteine aufmerksam machen kann. Anschließend versucht er diese erste Antwort zu verstärken, indem er Vakzinia-Viren (Impfviren gegen Pocken), beladen mit HIV-Genen injiziert. Die Studie, die privat von der „International Aids Vaccine Initiative„ finanziert wird, soll nächstes Frühjahr beginnen.

MSD Sharp & Dohme, Tochter des amerikanischen Unternehmens Merck & Co., will noch in diesem Jahr eine klinische Studie der Phase I mit DNA-Vakzinen starten. Wie der Impfstoff genau aussieht und welche Gene die Forscher in Haar verwenden, darüber gibt das Unternehmen in der Pressemeldung, in der es die Studie ankündigt, keine Auskunft.

Ob die neuen Strategien tatsächlich eine Wende in der Impfstoffentwicklung gegen HIV anbahnen oder ob auch diese Strategien wieder nur Irrlichter waren, werden die Ergebnisse dieser Studien zeigen.

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