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Konditionierte Verhaltensmuster langsam abgewöhnen

13.10.2003  00:00 Uhr
Übergewicht

Konditionierte Verhaltensmuster langsam abgewöhnen

PZ  Auch in Deutschland steigt der Anteil der übergewichtigen Menschen rapide an. Dies birgt vor allem gesundheitliche Gefahren: Übergewichtige erleiden häufiger einen Herzinfarkt oder Hirnschlag, haben ein erhöhtes Risiko für Krebs sowie für Unfälle und Komplikationen bei Operationen. Die PZ sprach mit Professor Dr. Dietmar Sailer vom Diabeteszentrum in Bad Neustadt.

PZ: Ist die regelmäßige Kontrolle von Risikofaktoren bei übergewichtigen und adipösen Patienten sinnvoll?

Sailer: Es ist absolut richtig, dass Übergewichtige regelmäßig untersucht werden müssen, um Folgeerkrankungen frühzeitig zu erfassen und zu therapieren. So müssen bei jedem Patienten mit Übergewicht regelmäßig Blutdruck, Blutzucker, die Blutfettwerte, aber auch die Herzleistung kontrolliert werden, vor allem deshalb, weil gerade diese Erkrankungen zu Beginn keinerlei Beschwerden machen. Der Betroffene fühlt sich wohl und bemerkt nicht, dass die Zeitbombe bereits tickt.

PZ: Das Risiko für Folgeerkrankungen lässt sich in erster Linie durch Gewichtsreduktion senken. Wie stufen Sie Diäten bei diesem Unterfangen ein?

Sailer: Dauerhaft abnehmen ist nur durch eine langfristige Ernährungsumstellung möglich. Durch kurzfristige Diäten lässt sich das Körpergewicht nicht unter Kontrolle bringen. Leider haben die Betroffenen völlig falsche Vorstellungen vom Machbaren: Durch ständige Fehl- und Falschinformationen in den Medien werden Erwartungshaltungen aufgebaut, die nicht realistisch sind. Zehn Kilogramm in zehn Tagen abnehmen funktioniert aus biologischen Gründen nicht – auch bei totalem Fasten. Grundsätzlich kann man nur in dem Zeitraum abnehmen, in dem man zugenommen. Man wird auch nicht innerhalb von zehn Tagen übergewichtig, sondern die Gewichtszunahme erfolgt langsam – meist über Jahre hinweg. Nur in demselben Zeitrahmen kann man abnehmen. Das bedeutet, dass nur durch eine langfristige Ernährungsumstellung, zum Beispiel mit konsequentem Einsparen von Fett, eine zielgerichtete Gewichtsabnahme möglich ist. Eine gleichzeitig verstärkte körperliche Aktivität hilft dabei, das Erreichte zu stabilisieren.

PZ: Für die Betroffenen ist es schwierig, ihre über die Jahre angenommenen Lebens- und Essgewohnheiten zu ändern. Lassen sich solche Verhaltensmuster wirklich dauerhaft beeinflussen?

Sailer: Da unser Essverhalten im Wesentlichen nicht kognitiv gesteuert, sondern durch konditionierte Verhaltensmuster geprägt wird, ist reine Wissensvermittlung nicht besonders hilfreich, um es zu verändern. Verbote helfen dabei schon gar nicht. Nur kleine Schritte, die dann langfristig eingeübt werden, bis sie selbst zum konditionierten Verhalten führen, sind hilfreich. So fällt der Verzicht auf fette Wurstsorten, aber auch vermehrte körperliche Aktivität zu Beginn schwer, aber nach längerem Durchhalten wird dies zum Automatismus. Das ist mühsam und erfordert, besonders am Anfang, viel Disziplin – und bedarf zudem ständiger Selbst- und Fremdmotivation. Hier spielt der Therapeut eine ganz entscheidende Rolle.

PZ: Während einer Ernährungsumstellung haben viele Betroffene mit Hungergefühlen zu kämpfen. Inwiefern können Abnehmhilfen auf der Basis von Quellstoffen bei der Gewichtsreduktion helfen?

Sailer: Hungergefühle sind konsequent zu vermeiden, da sie die Kontrolle über das Essverhalten gefährden. Dafür muss ein bestimmtes Volumen im Magen vorhanden sein. Bei einer Reduktionskost kann unter Umständen das aufgenommene Volumen zu klein sein. Deshalb sollten grundsätzlich voluminöse, aber gleichzeitig kalorienarme Produkte wie ballaststoffreiche Nahrungsmittel bevorzugt werden. Alternativ bieten sich Quellstoffe, zum Beispiel kollagenhaltige Komprimate an. Durch deren Volumenvergrößerung im Magen verursachen sie ein Sättigungsgefühl, werden aber vollständig und rückstandslos von den Verdauungssäften im Magen-Darm-Trakt abgebaut. Andere Quellstoffe sind im Gegensatz dazu unverdaulich, müssen in unveränderter Form den Darm passieren und können so zu Beschwerden führen. Kollagenhaltige Quellstoffe können – zumindest in der ersten Phase der Gewichtsabnahme - hilfreich sein, um Hungergefühle zu vermeiden.

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