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Die Tücken des Klonens

23.07.2001  00:00 Uhr
GENTECHNIK

Die Tücken des Klonens

von Christina Hohmann, Eschborn

Am 5. Juli feierte das berühmte Klon-Schaf Dolly seinen fünften Geburtstag. So viel Glück haben jedoch die wenigsten geklonten Tiere. Nur etwa drei bis vier von Hundert Embryonen werden lebend geboren. Und von diesen seltenen Exemplaren übersteht nicht einmal die Hälfte die ersten drei Wochen ihres Lebens. Hinweise darauf, was den Wissenschaftlern beim Klonen immer noch so große Schwierigkeiten bereitet, liefern nun zwei neue Studien.

Das Klonen ist immer noch eine komplizierte und äußerst ineffiziente Methode. Ein Grund hierfür könnten die so genannten "imprinted genes" (geprägten Gene) sein. Diese Gene haben die Besonderheit, dass ihre Aktivität davon abhängt, ob sie vom Vater oder von der Mutter stammen. Nur eine der beiden Genkopien (Allele) wird abgelesen und zum Bau eines Proteins verwendet. So ist zum Beispiel nur das Allel für den Insulin Growth Factor auf dem vom Vater geerbten Chromosom aktiv, die mütterliche Genvariante wird dagegen unterdrückt. Verantwortlich dafür sind Unterschiede in den Methylierungsmustern der beiden Genkopien. Sperrige Methylreste in den Kontrollregionen der Gene, wie sie in etwa fünf Prozent der Säuger-DNA vorkommen, regulieren, ob das von einem Gen codierte Protein gebildet wird oder nicht: Nicht methylierte Gene sind dabei in der Regel 'angeschaltet'.

In der frühen Entwicklungsphase des Embryos werden die bestehenden Muster gelöscht. Erst wenn der heranwachsende Organismus selbst Keimzellen bildet, legt er seinem Geschlecht entsprechende, neue Methylierungsmuster an. Ein adulter Kern, wie er beim Klonen in eine kernlose Eizelle transplantiert wird, hat jedoch andere Methylierungsmuster auf seinen Genen als der Kern einer natürlich entstandenen befruchteten Eizelle. Dies berichteten Wissenschaftler vom Korea Research Institute of Bioscience and Biotechnology in der Juniausgabe der Fachzeitschrift Nature Genetics. Beim Vergleich von geklonten und "normalen" Rinderembryonen stellten die Forscher starke Unterschiede in den Methylierungsmustern fest. Diese Störungen der genetischen Prägung könnten nicht nur die Ursache für die schlechte Erfolgsrate der Methode, sondern auch für die zum Teil erheblichen Entwicklungsabnormalitäten von geklonten Tieren sein. Diese sind oft besonders groß und übergewichtig, entwickeln Lungen- oder Herzbeschwerden. So leidet auch Dolly an Fettleibigkeit und wurde zwischenzeitlich von ihren Artgenossen getrennt und auf spezielle Diät gesetzt.

Kerne aus embryonalen Stammzellen sind für Klonierungsversuche besser geeignet als adulte Körperzellen, wie sie bei Dolly verwendet wurden, da sie die für eine korrekte Entwicklung benötigten Methylierungsmuster auf den Imprinting-Genen aufweisen. Aber auch wenn der Kern aus embryonalen Stammzellen in eine Eizelle transplantiert wird, treten Schwierigkeiten mit der genetischen Prägung auf, berichten Rudolf Jaenisch und seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge in der Zeitschrift Science vom 6. Juli (Seite 95 bis 97). Für ihre Versuche transplantierten sie Kerne von in Kultur gehaltenen Stammzellen und untersuchten in den von ihnen geklonten Mäusen sechs geprägte Gene. Die Wissenschaftler fanden nicht ein einziges Tier, bei dem alle sechs Gene normal funktionierten. Da zwischen 100 und 200 geprägte Gene in unserer Erbinformation vorkommen, erklärt Jaenisch, "kann man nicht erwarten, dass man normale Klone erhält - sogar wenn sie gesund aussehen, können sie eine abnorme Genexpression besitzen". Die Fehler in der genetischen Prägung bei den Spenderzellen entstehen nach Ansicht des Wissenschaftlers aber nicht durch den Prozess des Klonens selbst, sondern vielmehr durch die Kultivierung der Stammzellen in Petrischalen. Die Bedingungen der Zellzucht zu ändern, um die Schädigungen zu vermeiden, ist aber schwierig, erklärt der Forscher. Ein gewisses Maß an Störungen scheint die geklonten Tiere aber offenbar nicht allzu stark zu beeinträchtigen. Denn auch gesund wirkende Individuen wiesen abnorme Genaktivitäten auf. So zeigen die Ergebnisse auch, erklärt Jaenisch, dass die Embryonalentwicklung gegenüber Fehlern in der Genregulation relativ tolerant ist.

Therapeutisches Klonen mit kultivierten embryonalen Stammzellen ist aber dennoch denkbar. Bei dieser Methode, die in Deutschland verboten ist, wird eine Eizelle entkernt, der Zellkern eines Patienten eingesetzt und dann ein künstlicher Embryo gezüchtet. In einem sehr frühen Entwicklungsstadium (Blastula) werden ihm Stammzellen entnommen und so manipuliert, dass aus ihnen spezielle Gewebe gezogen werden können. Trotz der Schäden, die die Kultivierung in Petrischalen mit sich bringt, könnten Mediziner embryonale Stammzellen zur Anzucht von Geweben verwenden, da Imprinting-Gene hauptsächlich für die frühe Embryonalentwicklung relevant sind. In der Spezialisierung von Geweben spielen sie dagegen keine bedeutende Rolle. Organe für Transplantationen zu züchten ist eine Sache, Menschen zu klonen eine andere. So hat auch Ian Wilmut, einer der "Väter" von Dolly vom Roslin Institute in Edinburgh erhebliche Bedenken: "Wie kann jemand riskieren, ein Baby zu klonen, wenn das Ergebnis gar nicht vorherzusehen ist?" Top

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