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Calciumkanal als Marker für Prostatakrebs

25.06.2001  00:00 Uhr

Calciumkanal als Marker für Prostatakrebs

von Wolfgang Kappler, Homburg/Saar

An der Universitätsklinik Homburg haben Pharmakologen in Prostatakrebszellen einen Ionenkanal identifiziert, der anzeigt, ob die Geschwulst gut- oder bösartig ist. Der gefundene Ionenkanal gehört zu der erst seit kurzem bekannten Familie von TRP-Calciumkanälen. Eine Störung ihrer Funktion wird mit unterschiedlichen Krankheiten in Verbindung gebracht. Diese Kenntnis eröffnet neue Ansätze für unterschiedliche Diagnose- und Behandlungsverfahren.

Werden Signale und Reize nur unvollständig oder gar nicht weiter geleitet, arbeiten Zellen anders, als es das genetische Programm ursprünglich vorgesehen hat. Krankheiten entstehen. Maßgeblich an der richtigen Kommunikation beteiligt sind Ionenkanäle. In den letzten Jahren hat die Forschung eine Fülle von Indizien dafür gefunden, dass unterschiedliche Defekte von Ionenkanälen ursächlich an der Entstehung bestimmter Krankheiten beteiligt sind. Vielfach ist deshalb die Rede von Kanalkrankheiten oder "channelopathies". Die Mukoviszidose ist hierfür ein Beispiel.

TRP-Calciumkanäle

Eine internationale Tagung des Sonderforschungsbereiches 530 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) befasste sich in Homburg mit den TRP-Calciumkanälen. Seit der Entdeckung des ersten TRP-Kanales 1989 bei Fruchtfliegen, wo dieser am Sehvorgang beteiligt ist, haben Wissenschaftler auch beim Menschen vier Gruppen dieser Kanäle identifizieren können. Hier werden sie mit erblichen Nierenerkrankungen, der Alzheimer'schen Krankheit, männlicher Unfruchtbarkeit und einer von Schwachsinnigkeit begleiteten Lipidspeicherkrankheit in Zusammenhang gebracht.

Die Homburger Pharmakologen haben in jüngster Zeit weitere Zusammenhänge zwischen TRP-Kanälen und Erkrankungen gefunden. "Bei der Untersuchung von Prostatakrebsgewebe fanden wir einen Ionenkanal, für dessen Aufbau ein Gen auf Chromosom Nummer sieben zuständig ist. Wir entdeckten dabei, dass der Kanal zur TRP-Familie gehört", berichtet SFB-Sprecher Professor Dr. Veit Flockerzi. Als die Wissenschaftler die Untersuchung mit Gewebe aus anderen Prostatatumoren wiederholten, erlebten sie eine Überraschung: Der Kanal fehlte. Der Herkunftsvergleich der beiden Gewebe löste das Rätsel. Flockerzi: "Die erste Probe stammte vom Tumor einer Prostata, die bereits über ihre natürliche Größe hinausgewachsen war. Die Geschwulst war bösartig und bildetet bereits Metastasen. Das zweite Gewebe dagegen stammte von einem Tumor im früheren Stadium."

Test zum Patent angemeldet

Weitere Untersuchungen bestätigten: Der TRP-Kanal ist immer dann nachweisbar, wenn der Prostatakrebs gefährlich wird. "Damit haben wir einen neuen Marker gefunden, der eine gute Einschätzung des Krebses ermöglicht", erklärt Flockerzi. Ein entsprechender Test wurde bereits zum Patent angemeldet und die Entdeckung in den Fachzeitschriften "Proceedings of the National Academy of Sciences" und "Journal Biological Chemistry" veröffentlicht.

TRP-Kanäle finden sich nicht nur in Tumorzellen. In den Wandzellen der Blutgefäße sind sie zum Beispiel an der Regulation des Blutdrucks beteiligt. Auch in Immunzellen spielen TRP-Kanäle eine wichtige Rolle. Verschiedentlich sind sie aber verändert und schließen nicht richtig. Die einströmenden Ionen aktivieren die Zelle auf Dauer. Vielfach kann das erwünscht sein. Nicht so bei der Organtransplantation, weil dann die Abstoßungsgefahr groß ist. "Aus diesem Grund wird die Abwehrreaktion medikamentös unterdrückt. Die dafür eingesetzten Substanzen wirken jedoch im Zellinnern. Eleganter wäre es, den Ionenkanal zu blockieren", sagt Flockerzi und verweist auf entsprechende Projekte von Physiologen innerhalb des SFB.

Umfassende Grundlagenforschung sei noch nötig: Welche Prozesse führen zur Kanalbildung, wie viele Ionen passen durch, wie funktioniert der Öffnungsmechanismus und wie lässt sich dieser beeinflussen? Zur letzten Frage ist der Homburger Pharmakologe zuversichtlich: "Es existieren bereits so viele Substanzen, dass wahrscheinlich nur noch die richtigen aus den Archiven der Pharmaunternehmen ausgewählt werden müssen." Top

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