Lang gesuchter Rezeptor auf Thrombozyten entdeckt |
15.01.2001 00:00 Uhr |
Amerikanische Wissenschaftler haben einen Rezeptor auf Blutplättchen gefunden, nach dem die Forschung lange gesucht hat. Wirkstoffe, die diesen Rezeptor beeinflussen, gibt es bereits. Ticlopidin und Clopidogrel hemmen die Thrombozytenaggregation und reduzieren dadurch das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte. Über welche Zielstruktur die Medikamente ihre hemmende Wirkung auf die Thrombozyten ausüben, war bislang unbekannt.
Thrombozyten zirkulieren in gesunden Blutgefäßen, ohne an den Wänden hängenzubleiben. Damit sie nach einer Verletzung einen Thrombus bilden, müssen sie aktiviert werden. Dies geschieht über Rezeptoren, mit denen die Oberfläche der kleinen Blutzellen reich bestückt ist. Sind die ersten aktivierten Blutplättchen an der Gefäßwand kleben geblieben, müssen weitere Thrombozyten aus dem Blut hinzukommen. Dabei spielt ADP eine entscheidende Rolle. Der Botenstoff wird von den aktivierten Blutplättchen und von beschädigten roten Blutzellen abgegeben.
Zwei Rezeptoren für ADP kannte man bereits. Einer der Rezeptoren, PY21, ist an ein Gq-Protein gekoppelt und wahrscheinlich für den Anstieg der Calcium-Konzentration innerhalb der Blutplättchen verantwortlich, die für eine Aktivierung nötig ist. Bei dem zweiten Rezeptor, P2X1, handelt es sich um einen Calciumkanal. Allerdings wurde dessen Funktion bei der Plättchenaktivierung kürzlich in Frage gestellt.
Klar war seit längerem, dass die Thrombozytenaggregationshemmer einen dritten bis dato unbekannten Rezeptor beeinflussen und dadurch verhindern, dass die Blutplättchen zum Beispiel in den kleinen Gefäßen des Gehirns und des Herzens an atherosklerotischen Plaques hängenbleiben. Mit der Entdeckung des P2Y12-Rezeptors scheint den Wissenschaftlern nun der Coup gelungen. Wie von den Forschern erwartet, ist das Oberflächenmolekül an ein Gi-Protein gekoppelt. Diese Proteine hemmen die Bildung von cyclischem AMP (cAMP) durch die Adenylylcyclase.
Was hat dieser Botenstoff nun mit ADP und der Blutgerinnung zu tun? Die im Blutstrom zirkulierenden inaktiven Plättchen verharren in diesem Zustand, weil die Endothelzellen Prostacyclin abgeben. Dieses Molekül bindet an einen Rezeptor auf den Thrombozyten, der daraufhin die Adenylylcyclase stimuliert. Die Folge: Die cAMP-Konzentration in den Thrombozyten steigt und macht die Plättchen gegenüber aktivierenden Substanzen wie zum Beispiel ADP unempfindlicher.
Steigende Mengen von ADP im Blut hemmen wiederum die Adenylylcyclase und senken die cAMP-Spiegel in den Thrombozyten. Dadurch und durch andere Faktoren wie Thromboxan A2 werden die Blutplättchen schließlich aktiviert.
Blockieren die Thrombozytenaggregationshemmer nun den ADP-Rezeptor, verhindern sie die Aktivierung der kleinen Blutzellen. Die Thrombusbildung bleibt aus, weil die cAMP-Spiegel innerhalb der Zelle nicht sinken.
Warum so viel Aufhebens, wenn man doch schon Medikamente entwickelt hat, ohne die Zielstruktur auf den Zellen zu kennen? Die Forscher hoffen, neue Moleküle zu kreieren. Der Grund: Einige ADP-Rezeptoren-Blocker wurden immer wieder mit der thrombozytopenischen Purpura in Verbindung gebracht, einem lebensbedrohlichen Syndrom mit Anämie, Nierenversagen und eigenartigerweise mit Thromben in den kleinen Arterien.
Dass die Forscher mit ihrem neuen Rezeptor richtig liegen, zeigt auch ein Patient, der einen Defekt in dem entsprechenden Gen aufweist. Er leidet unter einer Blutgerinnungsstörung.
Quelle: Hollopeter, G. et al., Nature Vol. 409, vom 11. Januar 2001, Seite 202 - 207, Kommentar von Brass, S., Seite 145 - 146 in derselben Ausgabe
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