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Medizin

17.11.2003  00:00 Uhr
Forum chronische Krankheiten

Dialog zwischen Fachleuten und Patienten

von Christina Hohmann, Frankfurt am Main

Ein neues Messekonzept bringt Patienten und Heilberufler auf einer Veranstaltung zusammen: Das „Forum chronische Krankheiten“, das vom 14. bis 16. November in Frankfurt stattfand, stand im Zeichen von Diabetes, Allergien und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Das „Forum chronische Krankheiten“, das dieses Jahr zum ersten Mal stattfand, hat ein zweiteiliges Konzept: Dem Fachpublikum bietet es einen hochkarätigen, zertifizierten Kongress, den Betroffenen die Möglichkeit, sich über ihre Erkrankung zu informieren und sich mit anderen Betroffenen, Selbsthilfeorganisationen oder Spezialisten auszutauschen. „Dieses duale Konzept ist neu“, sagte Stephan Kurzawski von der Messe Frankfurt auf der Pressekonferenz zur Eröffnung der Veranstaltung. Aufklärung und Prävention werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen, da zum einen die Patienten verstärkt Verantwortung übernehmen müssen und zum anderen die Zahl der chronisch Kranken deutlich ansteigen wird. Zu den Themen Diabetes, Allergien sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen informierten insgesamt 167 Aussteller aus der Pharmaindustrie, den Krankenhäusern, aber auch aus den Bereichen Diagnostik, Medizintechnik, Therapie und Ernährung, berichtete Kurzawski.

Diabeteskomplikationen verhindern

Mit dem Schwerpunktthema Diabetes begann die Messe am 14. November, dem Weltdiabetestag. Dieser findet jährlich zu Ehren des Insulinentdeckers Sir Frederick Banting an dessen Geburtstag statt, sagte Professor Dr. Eberhard Standl, Präsident der Deutschen Diabetes-Union. Dieses Jahr wies der Weltdiabetestag mit dem Motto „Diabetes kann Ihre Nieren kosten“ auf die Gefahren der Nephropathie hin. Jedes Jahr werden in Deutschland 8000 Diabetiker dialysepflichtig, sagte Standl. Um die schwere Folge zu verhindern, ist es nötig, die beginnende Nierenerkrankung frühzeitig zu erkennen, betonte Standl.

Wie wichtig Prävention und Aufklärung sind, betonte auch Dr. Christoph Rosak, Chefarzt der Stoffwechselabteilung des Krankenhauses Sachsenhausen in Frankfurt. Zurzeit leiden etwa sechs bis acht Millionen Deutsche an Diabetes mellitus – im Jahr 2010 werden es vermutlich bereits zehn Millionen sein, wenn die Entwicklung nicht gestoppt werden kann. 90 Prozent der Betroffenen leiden an Typ-2-Diabetes, der oft verharmlosend als Altersdiabetes bezeichnet wird, so der Mediziner. Doch immer mehr Kinder und Jugendliche entwickeln – auf Grund von Übergewicht – diese Form des Diabetes. „Dies ist kein Problem der USA, sondern längst schon bei uns Realität“, sagte Rosak.

Bei der Erstdiagnose weisen bereits 50 Prozent der Patienten eine Makroangiopathie auf. „Diese Gefäßschäden sind irreversibel“, so der Referent. Die Diagnose erfolge im Durchschnitt vier bis sechs Jahre zu spät. Dies erkläre auch die hohe Dunkelziffer, die bei zwei bis drei Millionen unerkannten Diabetespatienten in Deutschland liegt. Rosak plädierte dafür, das Screening zu verstärken. Vor allem genetisch prädisponierte oder adipöse Personen sollten ihren Nüchternblutzucker kontrollieren lassen. Auch bei Kindern sollte schon an die Möglichkeit eines Diabetes gedacht werden. Dafür müssten Kinderärzte entsprechend geschult und für dieses Thema sensibilisiert werden.

Alle 90 Minuten stirbt ein Asthmatiker

Auch die Zahl der Allergiker und der Asthmapatienten nimmt beständig zu, erklärte Professor Dr. Karl-Christian Bergmann von der Allergie- und Asthma-Klinik Bad Lippspringe. In Deutschland sind etwa vier Millionen Menschen an Asthma erkrankt, weltweit sind Schätzungen zufolge 150 Millionen Menschen betroffen. Die Krankheit vermindert nicht nur die Lebensqualität, sondern kann auch zum Tode führen. „Alle 90 Minuten stirbt in Deutschland ein Asthmatiker“, verdeutlichte Bergmann. „Das sind fast so viele Todesfälle wie im Straßenverkehr.“

Auch aus ökonomischer Sicht spielen chronische Atemwegs- und Lungenerkrankungen eine wichtige Rolle: Sie sind für mehr als ein Drittel aller Fälle von Erwerbslosigkeit verantwortlich, die den Staat jedes Jahr rund vier Milliarden Euro kosten, erklärte Bergmann. Ein „Quantensprung in der Gesundheitsvorsorge und Bewältigung von allergischen Erkrankungen“ sei dringend erforderlich, sagte der Mediziner. Dieser sei nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und den Dialog zwischen Fachleuten und Patienten zu erreichen.

 

Nierenschäden frühzeitig erkennen Bei einem Viertel aller Diabetiker sind bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose erhöhte Mengen an Proteinen im Urin nachweisbar, sagte Professor Dr. Eberhard Standl, Präsident der Deutschen Diabetes-Union (DDU). Die Mikroalbuminurie ist ein Frühzeichen einer einsetzenden Nierenerkrankung, die unbehandelt zur Proteinurie und schließlich zum Nierenversagen führen kann. „Es ist daher keine Zeit zu verlieren zwischen der Diagnose Diabetes und ersten Maßnahmen, um Komplikationen zu vermeiden“, sagte Standl auf einer Pressekonferenz der DDU.

Wie häufig Diabetes-Patienten dieses Frühzeichen der Nephropathie aufweisen, zeigen die Ergebnisse der DEMAND-Studie (Developing Education on Microalbuminuria for Awareness of Renal and Cardiovascular Risk in Diabetes). Diese ist die erste weltweite Studie, in der Typ-2-Diabetiker auf Mikroalbuminurie untersucht wurden, erklärte der DDU-Präsident. Insgesamt 32.000 Patienten in 34 Ländern nahmen an dem Projekt teil. Ein Drittel der Patienten wies eine eindeutige Mikroalbuminurie und 12 Prozent bereits eine Makroalbuminurie auf. „Nur knapp jeder zweite Typ-2-Diabetiker hat eine normale Nierenfunktion“, sagte Standl. Die DEMAND-Kampagne ergab auch, dass der Blutzucker und die Blutfettwerte bei deutschen Diabetikern im internationalen Vergleich gut eingestellt sind, der Blutdruck dagegen nicht. Auch die Zahl der Komplikationen wie Erblindung, Niereninsuffizienz, Schlaganfall oder Herzinfarkt liegt in Deutschland über dem weltweiten Durchschnitt. Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass Diabetiker zum Zeitpunkt der Diagnose dringend auf Mikroalbuminurie untersucht werden müssen, betonte Standl.

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