Medizin
Ein kürzlich in den Markt eingeführtes Kältetuch wird zur lokalen
Kühlung bei Entzündungen, Verspannungen und Gelenkbeschwerden
eingesetzt. Als Wirkprinzip gilt der konvektive Wärmeentzug, der durch die
Verdunstung mentholhaltiger Substanzen zustandekommt, die in einem Gel
unter der Trägerfolie aufgebracht sind. Die Anwendung des im
Anatomischen Institut an der Universität Mainz an acht Probanden
untersuchten Tuches erfolgt nach Entfernung der Schutzfolie durch leichtes
Dehnen des Tuches. Ein Fixierungsmittel ist meist nicht erforderlich.
Die Untersuchung erfolgte an acht Probanden im einfachen, offenen Vergleich.
Verglichen wurden sowohl die individuellen Ergebnisse an zwei verschiedenen
Testarealen der Probanden als auch die Unterschiede zwischen den
Versuchspersonen. Parallel zur infrarot-thermographischen Bestimmung der
Hautoberflächentemperaturen erfolgte eine geeichte Kontakt-Temperaturmessung an
einem Referenzpunkt in den Untersuchungs- und Kontrollgebieten.
Einbezogen waren acht gesunde, mitteleuropäische Probanden im Alter zwischen 18
und 40 Jahren, die mindestens sechs Wochen vor der Untersuchung an keiner
anderen Studie beteiligt waren. Die Probanden wurden zunächst an die gegebene
Raumtemperatur von 26°C angepaßt, anschließend wurden die Eckpunkte der
vorgesehenen Meßareale über dem Musculus trapezius (Kapuzenmuskel) und der
paravertebralen Muskulatur (seitlich der Wirbelsäule) markiert. Nach einer ersten
Thermographie (Leeraufnahme) der Meßorte erfolgte 15 Minuten nach Applikation
des Kältetuchs eine erneute thermographische Messung; das Tuch wurde maximal 2
Minuten vorher abgenommen.
Zur weiteren Kontrolle wurde dann an einem definierten Punkt in den Test- und
Kontrollfeldern die Oberflächentemperatur mit zwei Fühlern gemessen. Innerhalb
von 40 Sekunden danach wurde das gleiche Kältetuch wieder auf die Testfelder
gebracht. Dieses Vorgehen wurde 30, 60, 120, 180 und 240 Minuten nach der
ersten Applikation wiederholt.
Die Messungen erfolgten mit einer stickstoffgekühlten Zeiss Ikotherm Anlage mit
eingebauter Referenz- und Temperaturkontrolle. Die geometrische Auflösung betrug
bei gegebenem Kamera-Objekt-Abstand (circa 1,10 m) rund 1 mm², die thermische
Auflösung war besser als 0,1 K. Die Umgebungstemperatur betrug 26,5 ± 0,8°C
bei einer relativen Luftfeuchte von 62 Prozent. Der Untersuchungsraum wurde von
Infrarot-Fremdstrahlern abgeschirmt und indirekt beleuchtet. Die
Luftmassenbewegungen lagen mit weniger als 0,1 m/s unter der Signifikanzgrenze.
Ergebnisse
Die Auswertung der Infrarot-Thermogramme ergab trotz individueller
Schwankungen eine signifikante Temperaturabnahme nach Anwendung des
Kältetuchs. Bei der ersten Messung, 15 Minuten nach Applikation, ließen sich über
der Schulter bereits Temperatursenkungen von 2,5 bis 4°C nachweisen. Über dem
Testgebiet, der paravertebralen Rückenmuskulatur, lag die Temperaturabnahme zu
diesem Zeitpunkt zwischen 2,8 und 4,1°C.
Am stärksten ausgeprägt war der Kühlungseffekt nach 30 und 60 Minuten. So sank
nach einer halben Stunde die Temperatur über der Schulter um 3,2 bis 4,1°C und
über dem Rücken um 2,6 bis 4,3°C.
Die Wirkdauer lag zwischen 2,6 und 4 Stunden, der Haupteffekt zwischen den
ersten Minuten bis zur dritten Stunde. Danach erscheint mit Temperatursenkungen
von teilweise unter 1°C ein therapeutischer Nutzen wenig wahrscheinlich.
Die Autoren der Untersuchung vermuten, daß die Wirkung außerdem im
Zusammenhang mit der Umgebungstemperatur steht. Der Temperaturwechsel in den
Kontrollgebieten zeige, daß die gewählte Umgebungstemperatur etwas niedriger
hätte sein können, schreiben sie. Bei einer niedrigeren Raumtemperatur wäre von
einem stärkeren Effekt auszugehen.
Artikel von der PZ-Redaktion

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