Medizin

Multicenterstudie über Zytostatikum gestoppt
Die orale Gabe von Etoposid für fünf oder mehr Tage in dreiwöchigen Abständen wird vielfach als palliative Chemotherapie bei kleinzelligem Bronchialkarzinom eingesetzt. Bisher gab es keine randomisierte Untersuchung, die dieses Vorgehen mit einer standardisierten intravenösen Chemotherapie kombinierter Zytostatika verglich.
Ziel der Forschergruppe der vorliegenden Studie war es, an 450 Patienten. die Zielparameter Palliation der wichtigsten Symptome drei Monate nach Randomisierung - das heißt Reduktion des Schmerzes beim Husten, Anorexie und die quantifizierte Kurzatmigkeit - sowie die sekundären Parameter Lebensqualität, klinisches und röntgenologisches Tumoransprechen und Überleben zu verifizieren.
Zwischen September 1992 und August 1995 waren 339 Patienten randomisiert, entweder mit vier Zyklen Etoposid 50 mg zweimal täglich oral für zehn Tage (171 Patienten) oder intravenös mit Etoposid und Vincristin (EV) oder mit Cyclophosphamid, Doxorubicin und Vincristin (CAV) (168 Patienten, Kontrollgruppe) behandelt worden. Die Beurteilung des Krankheitsverlaufs und der oben genannten Parameter erfolgte anfänglich monatlich, dann zwei- und später dreimonatlich.
Im September 1995 wurde die Studie auf Empfehlung eines unabhängigen Datenüberwachungs-Komitees gestoppt. Die Zwischenauswertung ergab eine erhebliche Unterlegenheit der oralen Etoposid-Therapie. Die palliativen Effekte waren zwar in beiden Gruppen vergleichbar: 41 Prozent (Etoposid) gegenüber 46 Prozent (Kontrollgruppe). Die Kontrollgruppe zeigte aber eine höhere Ansprechrate mit 51 Prozent gegenüber 45 Prozent. Die mediane Überlebenszeit betrug 130 Tage unter Etoposid im Vergleich zu 183 Tagen in der Kontrollgruppe. Nach sechs Monaten betrug die Überlebensrate bei Etoposid 35 Prozent und bei der Kontrolle 49 Prozent, 11 und 13 Prozent nach 12 Monaten. Aufgrund dieser deutlichen Unterlegenheit der oralen Therapie empfehen die Autoren, von der oralen Therapie des kleinzelligen Bronchialkarzinoms Abstand zu nehmen.
Lancet 348 (1996) 563-66
PZ-Artikel von Andreas Wiegand, Heidelberg © 1996 GOVI-Verlag
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