Molekulare Diagnostik von Risikofaktoren |
08.09.2003 00:00 Uhr |
Das individuelle Risiko für bestimmte Erkrankungen schlummert zumindest teilweise in den Genen. Mit modernen Methoden lassen sich inzwischen Risikofaktoren auf molekularer Ebene bestimmen.
Was noch vor wenigen Jahren umständlich, teuer und zeitraubend war, ist heute Routine. Den Durchbruch brachte die Polymerasekettenreaktion (PCR), Grundlage für den jüngsten Fortschritt. Auch die seit kurzem über Apotheken angebotenen genetischen Tests basieren auf dieser Methode. Mit deren Hilfe wird das Erbgut eines Menschen auf bestimmte genetische Polymorphismen – Abweichungen, die in der Bevölkerung mit bestimmter Häufigkeit auftreten – hin untersucht. Diese genetischen Unterschiede zeigen dabei nicht unbedingt eine Krankheit an. Im Gegenteil: Je größer die genetische Vielfalt ist, desto besser kann sich eine Population an wechselnde Umweltbedingungen anpassen. Weitergegeben werden besonders die Veränderungen, die auch nützlich sind.
Einzelne Polymorphismen stehen allerdings für ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krankheiten, zum Beispiel Mutationen an den Genen für den Vitamin D3-Rezeptor (VDR3), Apolipoprotein E oder Superoxiddismutasen, meldet Micro-Medical Instrumente, Königstein, Anbieter der genetischen Tests.
PCR Bei der PCR (Polymerase-Kettenreaktion) handelt es sich um ein molekulargenetisches Verfahren zur Vervielfältigung bestimmter DNA-Sequenzen. Dazu werden die beiden Komplementärstränge zunächst durch hohe Temperaturen voneinander getrennt. Daran hybridisieren anschließend Primer (synthetischen Oligonukleotiden) , deren Sequenzen mit Hilfe der hitzebeständige DNA-Polymerasen komplementär zur vorliegenden Sequenz verlängert werden. Die unterschiedlichen Stufen dieses Zyklus’ werden durch Temperaturänderungen gesteuert. Der Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis die gewünschte Menge an DNA zur Verfügung steht.
Der VDR3 ist maßgeblich an der Aufnahme von Calcium in den Körper beteiligt. Liegen hier Veränderungen vor, kann die Aktivität des Rezeptors reduziert sein, was unter Umständen die Aufnahme von Calcium aus der Nahrung erschwert und die Entstehung einer Osteoporose begünstig, so das Unternehmen.
Durch eine Mutation im ApoE-Gen wird der Aufbau des Apolipoproteins E verändert. Dies kann den Transport oder die Aufnahme und Verwertung des Cholesterols in die Körperzellen verschlechtern. Die Folgen sind je nach Art der Mutation Arteriosklerose oder eventuell sogar Alzheimer-Demenz.
Eine genetisch veränderte Superoxiddismutase (SOD) kann oxidativen Stress weniger gut abwehren. Oxidativer Stress entsteht durch reaktive Sauerstoffverbindungen (Reactive Oxygen Species, ROS), die Schäden an der Erbsubstanz und an Proteinen hervorrufen. Die Superoxiddismutase gilt dabei als der wichtigste Verteidigungsmechanismus des Körpers. Sie fängt Superoxidradikale ab und wandelt sie in Sauerstoff und Wasserstoffperoxid um; letzteres wird von der weit verbreiteten Katalase vernichtet. Bestimmte Polymorphismen der SOD können laut Micro-Medical Instrumente die Beschleunigung von Alterungsprozessen, kardiovaskuläre Erkrankungen, rheumatoide Arthritis und Diabetes mellitus nach sich ziehen.
Doch nicht nur die Neigung zu bestimmten Krankheiten lässt sich durch genetische Tests erkennen. Auch Arzneimittelwirkungen unterscheiden sich in Abhängigkeit von der genetischen Ausstattung des Patienten. Hier spielt vor allem das Cytochrom-P450-System eine Rolle. Es ist entscheidend beteiligt am Um- und Abbau von Fremd-, Schad- und auch Arzneistoffen. Genetische Unterschiede in diesem System führen dazu, dass Arzneistoffe besonders schnell oder langsam abgebaut werden. Das kann zu Wirksamkeitsverlust, übermäßiger Anreicherung oder der Entstehung toxischer Metabolite führen. Ein besonders wichtiges Cytochrom ist das CYP3A4; es stellt 30 Prozent des P-450-Gehaltes in der menschlichen Leber und ist am Abbau vieler wichtiger Arzneistoffe beteiligt. Inzwischen stehen genetische Tests für mindestens zwei Polymorphismen von P450 3A4 zur Verfügung.
Für den Nachweis der Polymorphismen werden dem Kunden wenige Blutstropfen
entnommen, auf Spezialfilterpapier übertragen und an ein mit dem Testanbieter
kooperierendes Speziallabor geschickt. Hier wird das Blut untersucht. Das
Testergebnis geht zurück an die Apotheke, wo der Apotheker den Kunden
entsprechend beraten und gegebenenfalls einen Arztbesuch anraten kann.
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