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Erstmals Beinprothese direkt mit Knochen verbunden

09.09.2002  00:00 Uhr

Erstmals Beinprothese direkt mit Knochen verbunden

von Wolfgang Kappler, Homburg/Saar

Beinprothesen verhelfen Amputierten zwar wieder zu mehr Mobilität, sie sind mitunter aber unangenehm zu tragen. Mit den wichtigsten Nachteilen will die am Universitätsklinikum Lübeck entwickelte Endo-Exo-Prothese Schluss machen.

Als bundesweit erster künstlicher Beinersatz wird die neuartige Prothese über einen Adapter fest mit dem Oberschenkelknochen verbunden. Die so erreichte bessere Kraftübertragung sorgt für mehr Stabilität und Sicherheit beim Gehen und geringere Ermüdung beim Treppensteigen und Radfahren. Zwei Motorradfahrer und ein Maurer mit nach Unfall amputiertem Unterschenkel haben bislang die 20 000 Euro teure Entwicklung erhalten, die in Zusammenarbeit mit der Lübecker Firma Eska Implants entstand.

Üblicherweise verfügen Beinprothesen über eine Art Hülse oder Köcher, die den verbliebenen Beinstumpf aufnimmt. "Beim Laufen wird der Druck dann auf das Weichgewebe und nicht wie beim Gesunden auf den Knochen übertragen", erklärt Privatdozent Dr. Karl-Hermann Staubach, Leiter der Entwicklergruppe an der Lübecker Klinik für Chirurgie. Am Oberschenkel entsteht dadurch eine Hebelwirkung bis zum Vierfachen des Körpergewichtes. Mehr Kraftaufwand ist nötig, der Prothesenträger ermüdet rascher, sein Gang ist sichtbar beeinträchtigt. Daneben kann der permanente Druck zu Hautrötungen und entzündlichen Geschwüren führen, die Prothese verschwindet für Tage im Schrank, ist vorübergehend nutzlos. Außerdem verändert sich das Weichgewebe unter der ständigen Druckbelastung, so dass der Köcher regelmäßig nachgestellt werden muss. Denn wenn er wackelt, ist eine optimale Steuerung der hochentwickelten Prothese nicht mehr möglich, weil der Sensorik der perfekte Kontakt zur Haut fehlt. Dort werden die Muskelanspannungssignale gemessen, die, entsprechend verstärkt, die Prothese steuern. Staubachs Erfahrung: "Unter diesen Bedingungen bewegen sich viele Amputierte lieber mit Unterarmstützen oder im Rollstuhl fort und nehmen die damit verbundenen Unannehmlichkeiten in Kauf".

Zahntechnik stand Pate

Die Protheseninnovation nutzt eine seit Jahren in der Zahnheilkunde bewährte Technologie, nämlich die Befestigung von Stiftzähnen. Dabei werden Titanstifte in den Kiefer eingesetzt, auf die der künstliche Zahn gesteckt wird. Im Gegensatz zu den Titanwinzlingen der Zahnärzte ist das von den Lübecker Chirurgen verwendete Prothesenimplantat ein 16 cm langer Metallschaft, der in einer ersten Operation ähnlich wie eine Hüftprothese im Oberschenkelknochen befestigt wird. Die aufgeraute und beschichtete Metalloberfläche ermöglicht dem Knochengewebe ein rasches Anwachsen. Bereits nach sechs Wochen sitzt der Schaft so fest im Oberschenkel, dass er den Kraftanforderungen der Prothese standhält.

Dann kann in einer zweiten Operation auf den Schaft das Anschlussstück für die Endo-Exo-Prothese aufgebracht werden, das aus dem Beinstumpf herausragt. Um im Umfeld ein Eindringen von Keimen in den Körper, und damit eine mögliche Knocheninfektion zu verhindern, wird der Übergang mit einer Manschette abgedichtet. Zwei Wochen später kann die Prothese dann erstmals angeschlossen werden. Der Patient lernt dann selbst, wie er das künstliche Bein mit einem Sechskantschlüssel sekundenschnell an- und abschraubt. Die unterschiedlichen Sensoren, mit denen die Prothese gespickt ist, überwachen permanent jede Phase eines Schrittes und ermitteln die dazugehörige Schrittgeschwindigkeit. Alle so ermittelten Daten werden von einem Prozessor verrechnet und als Steuersignale an die Antriebseinheiten weitergegeben. Die Gefahr des Wegrutschens oder Einknickens wird so auf ein Minimum reduziert.

Mit einer Zertifizierung der Prothese rechnet Dr. Hans Grundei, geschäftsführender Gesellschafter der Eska Implants, die durch ihre weltweit erste mitwachsende Beinprothese für Kinder bekannt wurde, noch in diesem Jahr. Schon jetzt lägen Interessentenangebote aus den USA und Australien vor. Bis zur endgültigen Marktreife wollen Staubachs Chirurgen noch zwölf Patienten versorgen: "In zwei Jahren werden wir dann darüber nachdenken, ob neben Unfallopfern auch Diabetiker oder Menschen mit Gefäßerkrankungen von der Endo-Exo-Prothese profitieren können".  Top

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