Radiosynoviorthese stoppt Zerstörung im Gelenk |
12.06.2000 00:00 Uhr |
Die Radiosynoviorthese lindert bei Rheumapatienten Schmerzen und stoppt die Zerstörung der Gelenke. Die Strahlentherapie ist gerade dann erfolgreich, wenn die Basistherapie nicht anschlägt. Weitere Vorteile: Die Patienten können ambulant behandelt werden, und die Therapie ist kostengünstig.
Zwar sind in letzter Zeit mehrere neue Medikationen für Rheumatiker auf den Markt gekommen, die effiziente Hilfe versprechen, doch manche Patienten vertragen diese Medikamente nicht. Einige Therapien sind zudem so teuer, dass die Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen.
Unter dem Begriff Rheuma fassen Experten eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheitsformen zusammen. Die Mehrzahl der Patienten leidet jedoch an einer rheumatoiden Arthritis. Zum Behandlungskonzept gehören sowohl medikamentöse als auch physikalische und operative Maßnahmen. Die Radiosynoviorthese führt dabei bislang ein Schattendasein und wird immer noch selten eingesetzt. Auch viele Ärzte kennen diese Behandlungsmethode nicht, obwohl sie sich seit Jahren bei chronisch entzündlichen Gelenkerkrankungen bewährt hat. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Patienten nur von einem dafür ausgebildeten Nuklearmediziner in Zusammenarbeit mit dem Rheumatologen oder Orthopäden behandelt werden können.
Was passiert bei der Radiosynoviorthese?
Wichtigstes Ziel der Rheumatherapie ist, die Knorpel wie Knochen zerstörenden Entzündungsprozesse zu stoppen und gleichzeitig die Schmerzen des Patienten zu lindern. Dafür werden neben der medikamentösen Basistherapie auch physikalische Maßnahmen eingesetzt. Schlägt die Therapie nicht an, kann der Arzt mit einem radioaktiven Medikament die krankhaft veränderte Gelenkinnenhaut (Synovalis) bestrahlen, um sie zur Erneuerung (Orthese) von innen anzuregen. Angewandt wird die Methode vor allem dann, wenn bestimmte Gelenke auf andere Therapien nicht ansprechen.
Vor der Applikation eines radioaktiven Medikaments schrecken sicher viele Patienten zurück. Aber weder Patient noch behandelnder Arzt müssen Strahlenschäden befürchten. Denn die bei der Radiosynoviorthese eingesetzten Strahlen haben eine Reichweite von nur wenigen Millimetern, so dass sie ausschließlich auf dieser Strecke die entzündeten Zellen der Knochenschleimhaut verschorfen. Den Knochen selbst oder den Knorpel greifen sie nicht an. Hinzu kommt, dass der Arzt individuell entscheidet, mit welcher Art von Beta-Strahlen und in welcher Dosierung wie viele Zellen zerstört werden sollen. So wird er zum Beispiel für das Kniegelenk andere Isotope (Yttrium-90) einsetzen als für mittelgroße Gelenke wie Schulter- und Handgelenk (Rhenium-186) oder für kleine Gelenke an Fingern oder Zehen (Erbium-169).
Durch diese gezielte Verschorfung entzündeter Schleimhautzellen nehmen Schwellungen und Wucherungen ab. Gleichzeitig werden feinste Kanälchen verschlossen, aus denen zuvor Ergussflüssigkeit ins Gelenk drang. Auch Nervenendigungen lassen sich ausschalten, der Schmerz schwächt sich ab oder verschwindet und die Gelenkfunktion wird relativ rasch verbessert.
Die Radiosynoviorthese (RSO) hat sich bewährt bei rheumatoider Arthritis und aktivierter Kniegelenksarthrose (Gonarthrose), doch grundsätzlich können alle peripheren Gelenke (Schulter-, Ellbogen- und Handgelenk, Finger-, Hüft-, Knie-, Fuß- sowie Zehengelenke) damit behandelt werden. Nicht eingesetzt wird sie im Bereich der Wirbelsäule.
Wie sieht die Bestrahlung in der Praxis aus?
Unter Durchleuchtungskontrolle und bei Bedarf unter Lokalanästhesie punktiert der Arzt das erkrankte Gelenk und spritzt das Medikament in die Gelenkhöhle. Danach wird das Gelenk kurz bewegt und anschließend für 48 Stunden ruhig gestellt. Der Patient sollte es noch für etwa eine Woche schonen. Die Besserung tritt im Laufe der nächsten Wochen und Monate ein, eine zweite Behandlung des Gelenkes ist nur in Ausnahmefällen nötig.
Pionier dieser Methode ist der Kölner Nuklearmediziner Professor Dr. Gynter Mödder, der 1991 die erste Spezialpraxis für ambulante Radiosynoviorthese gründete. Inzwischen bieten verschiedene Zentren und niedergelassene Nuklearmediziner die Behandlung in ganz Deutschland an. Die Kosten werden von den Kassen übernommen.
Durch die Radiosynoviorthese verringerten sich beziehungsweise verschwanden die Schmerzen bei 95 Prozent der Rheumapatienten, fand Mödder in Nachuntersuchungen heraus. Die Gelenkbeweglichkeit besserte sich bei 83 Prozent, die Gelenkschwellungen bei 82 Prozent der Patienten. Generell gilt: Je früher im Krankheitsverlauf die Radiosynoviorthese eingesetzt wird, desto besser. Sie ist aber auch in fortgeschritteneren Stadien sowie nach Operationen noch sinnvoll. Die Radiosynoviorthese ist ein kleiner ambulanter Eingriff, der sich auch für inoperable Patienten eignet. Sie hat eine hohe Wirksamkeit bei nur geringem Nebenwirkungsrisiko und vor allem sind mehrere Gelenke gleichzeitig oder in kurzer Abfolge therapierbar", so der Nuklearmediziner Dr. Frank Kocher, Villingen-Schwenningen.
Die Anschrift eines für die Radiosynoviorthese ausgebildeten Nuklearmediziners in Ihrer Nähe erhalten Sie über CIS-Diagnostik Tel.: 06103 / 58 31 70
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