Medizin
Das Immunsystem reagiert,
Aussagen über Heilungsmöglichkeiten stehen aber noch
aus. So der Stand der Dinge nach Abschluß einer
gentherapeutischen Phase-I-Studie an der Medizinischen
Universitätsklinik Freiburg.
Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Roland
Mertelsmann hatte als erstes Forscherteam in Deutschland
die Genehmigung für eine Gentherapie bei nicht mehr
konventionell therapierbaren Haut-, Nierenzell- und
Dickdarmkrebspatienten erhalten. Ihr Ziel ist es seither,
den menschlichen Körper soweit zu bringen, daß er
Krebszellen als fremd erkennt. Ein gezielter
gentherapeutischer Eingriff soll das Immunsystem der
Patienten aktivieren, damit dieses Krebszellen angreifen
und im Idealfall abtöten kann.
In der im April 1994 gestarteten Phase-I-Studie erhielten
die Patienten vier subcutane Injektionen eines Gemisches
eigener Tumor- und Bindegewebszellen (Fibroblasten), in
die zuvor die Erbinformation für das immunstimulierende
Hormon Interleukin(IL)-2 eingeschleust worden war. Die
eingesetzten Tumorzellen und Fibroblasten waren zu einem
früheren Zeitpunkt durch Operation oder Biopsie gewonnen
und in vitro kultiviert beziehungsweise tiefgekühlt
gelagert worden. Vor der klinischen Anwendung wurden sie
durch Bestrahlung teilungsunfähig gemacht.
Das IL-2-Gen wurde mit Hilfe von Liposomen oder durch
Elektroschocks in die Fibroblasten eingebracht. Es wurde
so eine dauerhafte IL-2-Freisetzung aus den Fibroblasten
ermöglicht; die an die Injektionsstelle gelockten
Immunzellen sollten dadurch aktiviert werden, die
mitinjizierten Tumorzellen zu erkennen und auch an
anderer Stelle im Körper abzutöten.
Die wissenschaftlichen Ziele der Phase-I-Studie, nämlich
die Prüfung von Toxizität und Praktikabilität des
neuen Therapieansatzes, wurden erreicht, heißt es in
einer Mitteilung der Freiburger Uni-Pressestelle.
Nebenwirkungen sowie bislang unbekannte Gefahren für
Patienten und Personal wurden nicht beobachtet; bei
Melanompatienten konnte eine gezielte Beeinflussung des
Immunsystems gegen Krebszellen nachgewiesen werden. Die
Ergebnisse wurden im International Journal of Cancer
(79/97, 269-277) und im Journal of Molecular Medicine
(75/97, 290-296) veröffentlicht.
Um Aussagen zur klinischen Wirksamkeit des
gentherapeutischen Ansatzes zu erhalten, laufen derzeit
drei weitere Studien, zwei beim Melanom, eine beim
Nierenzellkarzinom. Da den bisherigen Ergebnissen zufolge
mit unerwarteten Risiken offenbar nicht zu rechnen ist,
werden inzwischen auch Patienten in früheren
Krankheitsstadien und mit günstigerer Prognose
einbezogen. Mit Ergebnissen ist nach Einschätzung
Mertelsmanns frühestens in zwei Jahren zu rechnen.
Artikel von der PZ-Redaktion
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