Medizin
Ein
medizinisch-wissenschaftliches Musikprogramm zur
Therapiebegleitung, Prävention und Selbstmedikation
spezieller Krankheitsbilder führt die Polymedia,
Hamburg, Mitte Mai unter dem Markenzeichen Energon ein.
Neueste Erkenntnisse zeigen, daß Musik einen meßbaren
Einfluß auf Atem und Herzschlag, Blutdruck und
Gehirnwellen, Magenkontraktionen oder Konzentrationen der
Streßhormone im Blut hat und so mit Erfolg in der
Schmerztherapie, in der Prävention und Therapie von
Herzkreislauf-Erkrankungen, in der Frühgeborenen-Medizin
oder in der Chemotherapie eingesetzt werden kann.
7,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an
chronischen Schmerzen. 650 000 von ihnen sind besonders
schwer betroffen. Durch Diagnostik, Therapie und
Arbeitsausfall verursachte Kosten belaufen sich jährlich
auf mehr als 60 Milliarden DM, so Dr. Gerhard
Müller-Schwaefe, Präsident des schmerztherapeutischen
Kolloquiums am 21. April 1997 in Hamburg. Die Behandlung
chronischer Schmerzpatienten erfordere die Kombination
mehrerer Therapieverfahren, die sich sinnvoll ergänzen.
"Damit der Patient den eigentlichen Sinn hinter der
überlauten Körpersprache Schmerz erfassen kann, muß
zunächst mit allen Mitteln versucht werden, ein für ihn
erträgliches Schmerzniveau zu erzielen", sagte der
Referent. Dazu kämen neben der medikamentösen Therapie
eine Vielzahl von anaesthesiologischen Verfahren,
transcutane elektrische Nervenstimulation (TEN),
Akupunktur, Laser sowie manualtherapeutische Strategien
eingesetzt. Diese Methoden schafften die Vorraussetzung
für den zweiten wesentlichen Bestandteil der Behandlung,
die sanften Therapieverfahren, durch die sich zum
Beispiel bei Rückenschmerzpatienten die Nachfrage nach
Nervenblockaden, Akupunktur oder TENS um mehr als die
Hälfte reduzieren lasse.
Weniger Streßhormone, mehr körpereigene Opiate
Der Einsatz von Musik ermögliche eine nicht unerhebliche
Einsparung von Schmerz- und Beruhigungsmitteln während
einer Operation, da deutlich weniger Streßhormone und
mehr körpereigene Opiate wie Betaendorphin
ausgeschüttet werden", erläuterte Dr. Ralph
Spintge, Lüdenscheid. Spontanvariabilität
körpereigener Rhythmen läßt sich heute mit
mathematischen Methoden der nichtlinearen Dynamik
erfassen. Erste Analysen zeigen dabei, daß bei gesunden
Menschen die Variabilität dieser Rhythmen hoch, bei
Kranken, die unter Angst und Schmerzen leiden, hingegen
niedrig ist. Spintge: "Die Systeme arbeiten
gleichsam starrer." Auf diese starren Systeme wirke
sich Musik - wie die Auswertung der Aktivität von
Gehirnzellen, Blutdruck, Puls, Atem- und Herzfrequenz
belegen - günstig aus.
Untersuchungen des Kardiologe Professor Dr. med.
Friedrich Maetzel, Timmendorfer Strand, bestätigen, daß
der Verlust der Dynamik des Wechselspiels zwischen
Erregung und Bremsung auch die Basis von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. Maetzels Prognose
lautet, daß die Beurteilung des vegetativen
Wechselspiels durch Musikexposition so weiterentwickelt
wird, daß diese als diagnostische Methode eingesetzt
werden kann. Musik wirkt sich positiv auf die Produktion
von Cortisol sowie des Immunmodulators Interleukin 1 aus,
so Dr. Volkmar Nüssler und Susan Weber vom Klinikum
Großhadern, Universität München, die Musik nutzen, um
die Chemotherapie für ihre Patienten erträglicher zu
machen.
Die neue Produktlinie der Polymedia, die von Medizinern
und Psychotherapeuten erarbeitet wurde, besteht aus zwei
CDs und einem Handbuch mit ausführlichen Informationen
zur Erkrankung und Therapie. Ursprsprünglich war der
Vertrieb exklusiv über Apotheken geplant; da es zu einer
Erteilung einer Pharmazentralnummer bislang nicht
gekommen ist, wird das Musikprogramm ab Mitte Mai in
Reformhäusern und im medizinischen Buchhandel
erhältlich sein .
PZ-Artikel von Christiane Berg, Hamburg
© 1997 GOVI-Verlag
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