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Interaktion endokriner Drüsen

19.04.2004  00:00 Uhr
Schilddrüse und Diabetes

Interaktion endokriner Drüsen

von Hannelore Gießen, Grünwald

Funktionsstörungen der Schilddrüse und Diabetes mellitus beeinflussen sich gegenseitig. Die Auswirkungen dieser wechselseitigen Beziehung werden in der Praxis oft unterschätzt, berichteten Experten bei den Grünwalder Gesprächen.

Die Hormone der Schilddrüse steuern das Wachstum und kontrollieren das Nerven- und Muskelsystem sowie den Herzrhythmus. Doch das fein austarierte Zusammenspiel der Schilddrüsenhormone ist leicht zu stören, so dass es im Laufe des Lebens häufig zu Entgleisungen kommt. „Ab dem 45. Lebensjahr ist jede zweite Frau in Deutschland von einem pathologischen Schilddrüsenbefund betroffen. Jede Dritte hat einen Kropf und/oder Knoten in der Schilddrüse“, sagte Professor Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger vom Klinikum München-Bogenhausen. Am häufigsten komme es zu einer Hyperthyreose, also einer Überfunktion der Schilddrüse, ausgelöst durch heiße Knoten in dem Organ oder durch Autoimmunprozesse wie bei Morbus Basedow. Liege zudem ein Diabetes vor, gerate der Stoffwechsel häufig aus dem Takt. Dies werde viel zu wenig beachtet, mahnte die Endokrinologin.

Überaktive Schilddrüse

Dabei beeinflusst die Schilddrüsenüberfunktion den Stoffwechsel erheblich: So hemmt eine Hyperthyreose die Insulinausschüttung und verstärkt eine Insulinresistenz. Ein latenter Diabetes kann dadurch manifest werden. In einer Studie wiesen 57 Prozent der Patienten mit einer nicht behandelten Hyperthyreose eine gestörte Glucosetoleranz auf und 3,5 Prozent der Schilddrüsenpatienten hatten bereits einen Diabetes entwickelt, berichtete Schumm-Draeger. Weiterhin bringt eine sich anbahnende, aber noch unerkannte Überfunktion der Schilddrüse auch den Stoffwechsel eines gut eingestellten Diabetikers durcheinander, so dass es zu Hyperglykämien kommt.

Zu wenig aktiv

Diabetiker mit einer Unterfunktion der Schilddrüse brauchen dagegen weniger Insulin als andere Diabetiker. Wird dem nicht Rechnung getragen, steigt das Risiko für eine Hypoglykämie. Einer Unterfunktion der Schilddrüse liegt häufig eine Entzündung, eine Thyreoiditis, zu Grunde. Autoimmunprozesse zerstören nach und nach das Schilddrüsenparenchym, so dass im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auch die hormonale Funktion beeinträchtigt ist. Da auch dem Diabetes autoaggressive Prozesse zu Grunde liegen, erkranken Typ-1-Diabetiker drei- bis fünfmal häufiger an einer Thyreoiditis als stoffwechselgesunde Menschen. Eine leichte Schilddrüsenunterfunktion kann jedoch auch durch Medikamente wie Amiodaron, NSAR, Glucocorticoide, Diuretika oder Lithium induziert sein, sagte Schumm-Draeger.

Regelmäßig kontrollieren

Die Münchner Internistin plädierte dafür, bei Diabetikern einmal jährlich die Schilddrüse zu überprüfen und bei einer unklaren Stoffwechselentgleisung auch an eine Störung der Schilddrüsenfunktion zu denken. Dabei sollen bei Typ-1- Diabetikern das schilddrüsenstimulierende Hormon (TSH) im Serum sowie schilddrüsenspezifische Antikörper bestimmt werden. Ergibt sich dabei ein pathologischer Befund, ist eine erweiterte Diagnostik notwendig. Besondere Aufmerksamkeit benötige eine Thyreoiditis, die Frauen nach einer Geburt entwickeln können und die sich sowohl in einer Hypo- als auch einer Hyperthyreose manifestieren kann, ergänzte Schumm-Draeger.

Ausreichende Iodversorgung

„Jahrzehntelang war Deutschland ein Iodmangelgebiet“, sagte Professor Dr. Klaus Mann vom Klinikum Essen. Seit iodiertes Speisesalz breit verwendet wird, nehmen knapp drei Viertel der Bevölkerung genügend Iodid aus der Nahrung auf. Nur ein Viertel hat noch einen leichten Iodmangel. Vergrößerte Schilddrüsen kommen bei Kindern und Jugendlichen kaum noch vor. Anders ist die Situation bei älteren Menschen: Von ihnen weist ein Drittel Strumaknoten als Folge der jahrzehntelangen Unterversorgung auf. So genannte heiße Knoten produzieren vermehrt Triiodthyronin (T3) und können daher eine Hyperthyreose auslösen. Hinter kalten Knoten, die die Hormonkonzentrationen nicht beeinflussen, kann sich in seltenen Fällen auch ein Schilddrüsenkarzinom verbergen, so dass eine differenzierte Diagnostik unumgänglich ist. Top

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