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Mit Cinderella durch dick und dünn

23.04.2001  00:00 Uhr

SELBSTHILFEGRUPPEN

Mit Cinderella durch dick und dünn

von Christiane Berg, Hamburg

Bei Essstörungen ist die Dunkelziffer hoch. Nach Schätzungen sind in Deutschland 3 bis 5 Prozent der Frauen zwischen 13 und 35 Jahren allein von einer Bulimie betroffen. Das entspricht etwa der Einwohnerzahl Kölns. 1 bis 2 Prozent der Mädchen zwischen 12 und 25 leiden unter einer Anorexia nervosa. Untersuchungen belegen eine Sterblichkeitsrate von 15 bis 18 Prozent. Galten Mager-, Ess- und Brechsucht über lange Zeit als typische Frauenkrankheit, so weiß man heute, dass es zu Essstörungen auch bei Männern und hier vorrangig bei Modells, Tänzern, Ringern, Langstreckenläufern oder Homosexuellen kommt.

Als wesentliche Ursache gilt der durch Mode und Werbung vorgegebene Schlankheitswahn. "Große Bedeutung bei Frauen und Mädchen, die stärker als Jungen zur Anpassung und Passivität erzogen wurden, kommt auch dem mangelnden seelischen Wohlbefinden zu, das wiederum ganz einschneidend von der Herkunftsfamilie geprägt wurde", so Ingrid Mieck, Leiterin von "Cinderella" - Beratungsstelle für Essstörungen des Aktionskreises Ess- und Magersucht e. V., Westendstraße 35 , 80339 München, Telefon (0 89) 50 21 21 2.

Selbstfindung und Abgrenzung

Die Diplom-Psychologin betont, dass es allgemein gültige Erklärungen für die Entstehung von Essstörungen nicht gibt. Jedoch stammen die Betroffenen häufig aus Familien mit bestimmten Konstellationen und oftmals ausgeprägtem Leistungsideal der Eltern. So neigen die Familien von magersüchtigen Mädchen dazu, Probleme und Konflikte unter Wahrung einer Pseudo-Harmonie nicht offen auszutragen. Magersüchtige Töchter entwickeln ihre Essstörung vorrangig in der Pubertät, um sich abzugrenzen. Sie betrachten das Fasten und die Gewichtsabnahme als einzige Möglichkeit, Selbstbestimmung zumindest über den eigenen Körper zu erzielen.

Wohl erzogene Tochter, funktionierende Ehefrau, Power im Beruf: Ähnlich der anorektischen hat auch die bulimische Frau meist eine sehr enge, oft pathologische Beziehung zur überbeschützenden Mutter und ist ständig darum bemüht, allen Rollenansprüchen gerecht zu werden. Was nicht gelingen kann: Nicht zufällig werden Ess-Brech-Anfälle als Widerspruch und Abwehr von Fremdbestimmung verstanden. Mieck: "Ob übergewichtig, ess- und brech- oder magersüchtig - die betroffenen Frauen und Mädchen haben zumeist wenig Zugang zu ihren eigenen Empfindungen und Ansprüchen. In dem Versuch, es allen recht zu machen, richten sie ihre Aggressivität schließlich gegen sich selbst."

Lernen, Nein zu sagen

Als wichtigste Voraussetzung zur Bewältigung von Essstörungen, die mit Zahnverfall, Hormonstörungen bis zum Ausbleiben der Menstruation, trockener Haut, Haarausfall, Herzrhythmusstörungen, Nierenschäden oder Magenblutungen einhergehen können, nennt Mieck den Entschluss der Frauen und Mädchen, Hilfe von außen zu suchen. Psychotherapeutische Behandlung in Einzel- oder Gruppentherapie oder während eines stationären Klinikaufenthaltes: "Es hat wenig Sinn, Betroffene zu einem solchen Schritt zu drängen. Doch kann ein Gespräch, in dem alle Möglichkeiten aufgezeigt werden, diese dazu bewegen, professionelle Unterstützung zuzulassen."

In den Cinderella-Selbsthilfegruppen treffen sich Frauen mit Essstörungen einmal pro Woche an einem festen Abend für zwei Stunden. Es ist weniger das konkrete Essverhalten, das dabei im Vordergrund steht. Hier geht es darum, Klarheit und Selbstakzeptanz zu finden, lernen, Nein zu sagen, sich abzugrenzen, Gefühle zuzulassen, mit anderen Worten, für sich selbst zu sorgen und dabei auch Kritik auszuhalten. Mieck: "Das Wissen, sich über Schwierigkeiten mit Freundinnen im Geiste austauschen zu können und Verständnis zu finden, ist für viele Frauen und Mädchen der erste Schritt aus der Heimlichkeit und Isolation sowie zur Lösung ihrer Probleme."

Spiegelblick, Brücke, Boje, Dick- und Dünn, Ess-O-Ess: Wie "Cinderella" in München bieten zahlreiche Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland Informationen zur Bewältigung der mit Essstörungen verbundenen seelischen, körperlichen und gesundheitlichen Probleme. Über Behandlungs- oder Selbsthilfekontaktstellen sowie Kliniken oder Therapeuten in der näheren Umgebung kann man sich hier erkundigen - Cinderella führt ein bundesweites Adressenverzeichnis.

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