Lutein als natürliche Sonnenbrille |
12.04.2004 00:00 Uhr |
Lutein, ein Carotinoid, das sich vorwiegend in grünem Gemüse findet, scheint der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) vorzubeugen. In höherem Lebensalter könnte daher eine Supplementierung mit der Substanz sinnvoll sein.
Als Stelle des schärfsten Sehens sitzt die Makula lutea, der „gelbe Fleck“, am hinteren Augenpol im Zentrum der Netzhaut, der innersten Schicht des Augapfels. Die gelbe Farbe erhält die Makula durch die Carotinoide Lutein und Zeaxanthin, weshalb die Isoprenderivate mit konjugierten Doppelbindungen auch makuläre Pigmente genannt werden. Lutein und Zeaxanthin fungieren als „natürliche Sonnenbrille“, sagte Professor Dr. Hans Konrad Biesalski, Stuttgart, auf einer Pressekonferenz von Whitehall-Much. Die Proteine schützen die Netzhaut und die Makula, indem sie energiereiches Blaulicht absorbieren und aggressive Sauerstoffradikale inaktivieren. Da Carotinoide freie Elektronen abfangen können, ist ihre Präsenz in Photorezeptoraußensegmenten gut erklärbar, so Biesalski. Die Pathogenese der AMD, bei der sich hyalines Material, so genannte Drusen, im retinalen Pigmentepithel und in der Bruchschen Membran ablagert, ist jedoch noch unzureichend verstanden.
Angenommen wird, dass Fragmente, die von den Außensegmenten der Photorezeptoren abbrechen, normalerweise von benachbarten retinalen Pigmentepithelzellen aufgenommen und abgebaut werden. Die Spaltprodukte werden wiederverwertet oder via Bruchsche Membran über die Aderhaut entsorgt. Vermutlich ist dieses Gleichgewicht bei AMD-Patienten gestört. Dadurch geht Gewebe zu Grunde und es reichern sich nicht abbaubare Membranbruchstücke weiter an.
Die Makuladegeneration kommt in einer feuchten und einer trockenen Form vor. Letztere ist durch den Verlust der Sehschärfe und einem Rückgang des retinalen Pigmentepithels charakterisiert. Bei der feuchten Form der AMD wachsen Gefäße in die Aderhaut des Auges ein (choroidale Neovaskularisation). Dies führt schließlich zum Austritt von Blut und seröser Flüssigkeit. Frühsymptome können Verzerrungen im zentralen Gesichtsfeld sein, die der Patient als Krümmungen von eigentlich geraden Linien wahrnimmt.
Radikalfänger mit Filtereffekt
Zwei Millionen Menschen in Deutschland sind epidemiologischen Studien zufolge von einer Makuladegeneration in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen betroffen. Zu den Risikofaktoren für die Erkrankung zählt neben Alter und verstärkter Lichtexposition ein übermäßiger Nikotinkonsum. Zahlreiche Befunde sprechen außerdem für eine Beteiligung genetischer Faktoren. Frauen haben ein 2,5fach höheres Risiko für AMD als Männer. Auch okuläre Faktoren wie die Irisfarbe scheinen eine Rolle zu spielen. So schützt eine dunkel pigmentierte Iris die Netzhaut besser gegen Licht als eine hell pigmentierte Iris.
Therapieansätze wie innovative Operationsverfahren beziehungsweise die thermische Laserkoagulation der neugebildeten Gefäße oder die transpupillare Thermotherapie führen nicht immer zu den gewünschten Ergebnissen. Auch die photodynamische Therapie, bei der nach intravenöser Injektion eines Photosensitizers (zum Beispiel Verteporfin) das Auge mit Laserlicht niedriger Energie behandelt wird, ist nicht immer erfolgreich. Daher komme der Prävention und Frühintervention mit Antioxidantien besondere Bedeutung zu, sagte der Referent.
Mehr grünes Gemüse essen
Patienten mit AMD weisen deutlich geringere Luteinkonzentrationen in der
Makula auf als andere Menschen, betonte Biesalski. Durch die Gabe von Lutein in
einer Dosierung, die durch eine gesunde Ernährung erzielt werden kann, reichere
sich die Substanz messbar in der Makula an. Um Erkrankungen vorzubeugen, müsse
die Bevölkerung möglichst frühzeitig entsprechend aufgeklärt und zum Verzehr von
grünem Gemüse wie Grünkohl, Spinat, Sellerie, Lauch, Broccoli oder Kopfsalat
angehalten werden. Da gerade die Risikogruppe der hoch betagten Menschen zu
Appetitlosigkeit und einseitigen Ernährungsgewohnheiten neigt, könne hier die
Supplementierung mit Lutein-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln beziehungsweise
Multivitaminpräparaten sinnvoll sein, sagte Biesalski.
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