Pharmazeutische Zeitung online

Neue Diagnosemethode soll die Sicherheit erhöhen

02.04.2001  00:00 Uhr

ZERVIXKARZINOM

Neue Diagnosemethode soll die Sicherheit erhöhen

von Ulrike Wagner, Eschborn

Gebärmutterhalskrebs ist weltweit eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Ursache sind bei mehr als 90 Prozent der Patientinnen bestimmte Subtypen der Papillomviren, die so genannten Hochrisikoformen. Bislang verwendeten Ärzte den Pap-Test zum Nachweis entarteter Zellen. Mit einem neu entwickelten Testverfahren lassen sich Zervixkarzinome in Zukunft früher und mit größerer Sicherheit nachweisen. Die beiden Forscher, die den neuen Test entwickelt haben, erhielten kürzlich den Hufeland-Preis.

Beim klassischen Pap-Test werden Zellabstriche des Gebärmutterhalses unter dem Mikroskop auf Zellen untersucht, die für Krebsvorläuferstadien sprechen, so genannte Dysplasien. Das veränderte Gewebe lässt sich dann durch eine relativ leichte Operation entfernen. Durch die Einführung dieser Früherkennungsuntersuchung hat das Zervixkarzinom zumindest in westlichen Ländern während der letzten Jahrzehnte viel von seinem Schrecken verloren. Der Test ist als Screeninguntersuchung so erfolgreich, weil das Zervixkarzinom in der Regel in einem jahrelangen Prozess über gut charakterisierte Vorläuferstadien entsteht. So kann die Veränderung rechtzeitig erkannt, entfernt und die Entstehung eines Karzinoms verhindert werden.

Schwierigkeiten beim Pap-Test

Doch auch der Pap-Test kommt an seine Grenzen. Entzündliche Veränderungen lassen sich oft nicht eindeutig von Krebsvorläuferstufen unterscheiden, so dass sich die betroffenen und oft verunsicherten Patientinnen mehreren Kontrolluntersuchungen unterziehen müssen. Andererseits bilden sich zahlreiche Dysplasien wieder zurück. Mit den bislang zur Verfügung stehenden Methoden können die Ärzte nicht erkennen, welche der Krebsvorstufen tatsächlich in ein Karzinom übergehen werden. Aus Sicherheitsgründen müssten daher weitaus mehr Kontrollen und Operationen durchgeführt werden, als sich tatsächlich Krebsfälle entwickeln würden, heißt es in einer Pressemitteilung der Stiftung Hufeland-Preis.

Professor Dr. Magnus von Knebel Doeberitz vom Deutschen Krebsforschungszentrum und Dr. Rüdiger Kläs, der inzwischen an der Universität Heidelberg forscht, haben eine neue Methode für Früherkennungsuntersuchungen entwickelt, die von der Deutschen Ärzteversicherung als beste wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Präventivmedizin mit 40.000 DM prämiert wurde. Ziel des Verfahrens ist, sicher alle tatsächlichen Dysplasien zu erfassen und von eher harmlosen Veränderungen abzugrenzen.

Im ersten Schritt weisen die Heidelberger Forscher ein zelleigenes Protein nach, das in großen Mengen in den Zellen vorhanden ist, die sich tatsächlich im Vorläuferstadium des Gebärmutterhalskrebses befinden. Mit einem spezifischen Antikörper gegen das Protein p16INK4a und einer besonderen Färbung lassen sich diese Vorläuferstadien von anderen entzündlichen Veränderungen unterscheiden. Die Zelle produziert das Markerprotein als Antwort auf eine fortschreitende Infektion mit humanen Papillomviren. Dieser molekulare Marker ist nicht positiv bei einer einfachen Infektion mit Hochrisiko-Viren, sondern weist auf dysplastische Veränderungen durch die Persistenz der Viren und damit auf ein potenziell gefährliches Stadium hin.

Ins Genom eingebaut oder nicht?

Das Verfahren kann aber nicht eindeutig bestimmen, ob sich aus einer solchen Vorstufe tatsächlich Krebs entwickeln wird. Dieses Risiko bestimmen die Wissenschaftler dann in der zweiten Stufe der Untersuchung, dem so genannten APOT-Test (APOT = Amplification of Papillomavirus Oncogene Transcript). Dabei weisen die Forscher nach, ob die Erbinformation der Papillomviren in die menschliche DNA eingebaut worden ist.

Der Einbau der Virus-DNA ist ein wesentlicher Schritt für die Entartung des Gebärmutterhalsgewebes und lässt sich schon längere Zeit vor der eigentlichen Krebsentwicklung beobachten. Im Gegensatz dazu liegt die DNA der Viren bei einfachen HPV-Infektionen und geringgradigen Vorstufen ringförmig und frei in den Zellen vor. Gefährliche Krebsvorstufen, bei denen die Virus-DNA bereits in das Erbgut des Menschen eingebaut ist, lassen sich so von weniger gefährlichen unterscheiden. Gegenwärtig werde in einer großen Studie untersucht, ob diese Beobachtung auch Grundlage therapeutischer Entscheidungen für oder gegen eine Operation sein kann.

Virusnachweis reicht nicht

Der einfache Nachweis von Hochrisiko-Papillomviren ist nicht aussagekräftig, da in der Altersgruppe zwischen 20 und 35 Jahren etwa jede dritte Frau infiziert ist. Meistens heilen die Infektionen nach einer gewissen Zeit wieder ab, und nur ein kleiner Teil persistiert, schreitet zu einer Dysplasie und noch seltener zu einem Zervixkarzinom fort. Die Infektion selbst reicht für die Krebsentstehung nicht aus, sondern ist ein notwendiger Anfangsschritt in einer Abfolge von vielen, die letztendlich zur Krebsentwicklung führen. Damit der Test schnell in der Praxis zur Verfügung steht, hat das DKFZ das Patent an das junge Heidelberger Unternehmen MTM Laboratories auslizensiert.

Weltweit erkranken pro Jahr etwa 450. 000 Frauen am Zervixkarzinom, 250. 000 sterben daran. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt erinnerte in ihrem Grußwort, dass in Deutschland pro Jahr noch immer 6000 Frauen neu an Gebärmutterhalskrebs erkranken. Im Jahr 1999 starben mehr als 2000 Frauen daran. Diese Zahlen müssten Ansporn sein, das bestehende Früherkennungsprogramm weiter zu optimieren.

© 2001 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Mehr von Avoxa