DNA als Klebstoff |
04.03.2002 00:00 Uhr |
von Ulrike Wagner, Eschborn
Nur selten kommen Bakterien tatsächlich als einzelne Zellen vor. Viel häufiger schließen sie sich zu Biofilmen zusammen (siehe auch hier). Eingebettet in eine Matrix sind sie in der Lage, miteinander zu kommunizieren und selbst hohen Antibiotika-Konzentrationen zu widerstehen. Zuckermoleküle hielten Wissenschaftler bislang für die entscheidenden Bestandteile dieser extrazellulären Matrix. Neue Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass DNA dabei die Hauptrolle spielt.
Bisher waren Forscher davon ausgegangen, dass die DNA, die sich in jedem Biofilm nachweisen lässt, von zu Grunde gegangenen Zellen stammt und als Verunreinigung nur eine Statistenrolle spielt. John S. Mattick vom Institute for Molecular Bioscience der University of Queensland in Brisbane, Australien, und seine Mitarbeiter wiesen nun nach, dass der DNA bei der Ausbildung von Biofilmen eine funktionelle Rolle zukommt.
Die Arbeit begründet sich auf der Entdeckung, dass DNA mengenmäßig den Hauptanteil extrazellulären Material von Biofilmen des Keimes Pseudomonas aeruginosa ausmacht. In weiterführenden Versuchen fanden die Forscher heraus, dass das DNA-abbauende Enzym DNase I überraschenderweise die Ausbildung eines Biofilms verhindert, jedoch nicht das Wachstum der Bakterien hemmt. Selbst bereits etablierte Biofilme bis zu einem gewissen Alter ließen sich mit dem Enzym abbauen. Waren die Biofilme jedoch bereits 84 Stunden alt, konnte ihnen die DNase wenig anhaben. Eventuell setzen die Bakterien zu einem späteren Zeitpunkt weitere Verbindungen ein, um den Biofilm zu stabilisieren oder sie produzieren ausreichend proteolytische Enzyme, die wiederum die DNase I abbauen, vermuten die Autoren.
Unklar ist bislang, woher die große Menge an DNA kommt. Lysierte Zellen allein kommen dafür wahrscheinlich nicht in Frage. Seit Jahren ist jedoch bekannt, dass einige Bakterien, zu denen auch Pseudomonas aeruginosa zählt, relativ große Mengen an extrazellulärer DNA produzieren, indem sie kleine Membranvesikel mit der Erbsubstanz freisetzen.
Mukoviszidose-Patienten, denen bakterielle Biofilme das Leben schwer machen, könnten von diesen Erkenntnissen profitieren. Aktuelle Therapiestrategien sehen bei ihnen bislang vor, rekombinante menschliche DNase I zu inhalieren, um die Viskosität des Sputums zu reduzieren. Die neuen Ergebnisse lassen jedoch vermuten, dass die Patienten auch vom prophylaktischen Einsatz des Enzyms profitieren.
Quelle: Whitchurch, C. B. et al., Extracellular DNA required for bacterial biofilm formation. Science, Vol. 295 (22. Februar 2002), 1487
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