Medizin |
12.01.2004 00:00 Uhr |
Dass Thrombozyten aggregieren, ist lebenswichtig, damit eine Blutung zum Stillstand kommt. Derselbe Prozess kann jedoch auch zu Blutgerinnseln führen, die Arterien verstopfen und einen Schlaganfall oder Herzinfarkt auslösen. Einen wichtigen Schritt der Thrombozytenaggregation klärten jetzt Berliner Wissenschaftler auf.
Schon länger war bekannt, dass an der Thrombozytenaggregation Serotonin beteiligt ist, unklar war jedoch wie. Serotonin fungiert im Zentralnervensystem als Neurotransmitter, in der Peripherie wirkt es jedoch als Hormon. Wird ein Blutgefäß verletzt, setzen Thrombozyten Serotonin frei, das die Gefäße verengt. Ein Konglomerat von Blutplättchen verschließt dann das beschädigte Gefäß. Die Thrombozyten werden dabei von einem Element der Gerinnungskaskade, den von-Willebrand-Faktor, zusammengehalten und an die Gefäßwand gebunden. Der Faktor bildet eine Brücke zwischen dem Kollagen des beschädigten Blutgefäßes und einem Glykoproteinrezeptor auf der Membran der Plättchen. Wie jedoch der von-Willebrand-Faktor in Aktion tritt, war bisher noch nicht bekannt.
Serotonin als Initialzündung
Jetzt konnten Berliner Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik (MPIMG), vom Max-Delbück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) sowie der Charité zeigen, dass Serotonin über eine Signalkaskade den von-Willebrand-Faktor aus den Speicherkörperchen der Thrombozyten freisetzt. Transglutaminasen heften hierfür Serotonin innerhalb der Zelle an so genannte GTPasen an. Diese Enzyme, die das Nukleotid Guanosin-Triphosphat auf andere Moleküle übertragen und am Energiestoffwechsel beteiligt sind, bleiben durch das Anheften des Serotonins ständig aktiviert. Der bisher unbekannte Mechanismus, den die Forscher als „Serotonylierung“ bezeichnen, setzt eine Signalkaskade in der Zelle in Gang, die bewirkt, dass der von-Willebrand-Faktor letztlich aus den Speicherkörperchen freigesetzt wird und die Blutplättchen zusammenklumpen.
Für ihre Untersuchungen setzten die Wissenschaftler um Dr. Diego J. Walther vom MPIMG und Dr. Michael Bader vom MDC Mäuse ein, denen das Schlüsselenzym der Serotonin-Synthese, die Tryptophan-Hydroxylase (TPH), fehlt. Die Tiere, die somit kein Serotonin bilden können, zeigen eine gestörte Hämostase und ein niedrigeres Risiko für Thrombosen und Thromboembolien, berichten die Berliner Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Cell vom 26. Dezember (Vol. 115, Seite 851 bis 862).
Sie vermuten, dass eine Serotonylierung auch bei anderen lebenswichtigen
Funktionen von Zellen eine Rolle spielt und möglicherweise auch in der
Embryonalenentwicklung sowie an der Entstehung von Krebs beteiligt ist.
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