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Neun Faktoren bestimmen das Infarktrisiko

29.11.2004  00:00 Uhr

Neun Faktoren bestimmen das Infarktrisiko

von Holger Neye, Hannover

Ein Herzinfarkt lässt sich mit neun Faktoren zu 90 Prozent vorhersagen, und zwar weltweit, unabhängig von Geschlecht, Alter und ethnischer Zugehörigkeit. Dies ergab die Interheart-Studie, laut der Rauchen und erhöhte Blutfette die Hauptverursacher sind.

Etwa 80 Prozent aller kardiovaskulär bedingten Todesfälle treten in Ländern mit mittlerem bis geringen Einkommen auf. Untersuchungen zu den Risikofaktoren stammen jedoch hauptsächlich aus den führenden Industrienationen. Aus bisherigen Studien ist bekannt, dass sowohl physiologische Faktoren wie Blutdruck oder Blutfette als auch Faktoren des Lebensstils wie Rauchen oder Ernährung die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen begünstigen.

In einer großen, weltweiten Fall-Kontroll-Studie beleuchteten Wissenschaftler von 1999 bis 2003 den Einfluss von neun Risikofaktoren auf die Entstehung von Herzinfarkt in unterschiedlichen Ländern und ethnischen Gruppen. In insgesamt 52 Ländern aller fünf Kontinente untersuchten sie 12.461 Patienten mit frischem Herzinfarkt und 14.637 Kontrollpersonen auf bestehende Risikofaktoren.

Von den neun geprüften Parametern führten Rauchen, Diabetes, hoher Blutdruck, Stammfettsucht, erhöhte Blutfette und psychosoziale Faktoren jeweils zu mehr als einer Verdoppelung des Herzinfarktrisikos. Dieses war dagegen gesenkt, wenn die Untersuchten täglich Obst und Gemüse verzehrten, sich regelmäßig bewegten und moderat Alkohol an höchstens drei Tagen pro Woche konsumierten.

Rauchen steigert Risiko linear

Laut der Studie machen die neun untersuchten Risikofaktoren insgesamt über 90 Prozent der Risiken für einen Herzinfarkt aus, wobei zwei Drittel auf Rauchen und erhöhte Blutfette entfallen. Dabei steigt sowohl beim Rauchen als auch bei erhöhten Blutfetten das Risiko linear an. Bei einem Zigarettenkonsum von bis zu fünf bis mehr als 41 Zigaretten pro Tag nimmt die Odds ratio von 1,38 auf 9,16 linear zu. Die Odds Ratio wird bei Fall-Kontroll-Studien als Ersatz für das Relative Risiko einer Erkrankung herangezogen. So zeigte zum Beispiel eine Odds Ratio (Chancenverhältnis) von 9,16 an, dass ein Myokardinfarkt bei sehr starkem Rauchen 9,6-mal häufiger auftritt als ohne. Beim Apolipoproteinverhältnis (B/A1) – ein Maß für den LDL/HDL-Quotienten – steigt die Odds Ratio für einen akuten Herzinfarkt von circa 1,3 auf 5 wenn sich das Verhältnis von 2 auf 10 erhöht.

Die Ergebnisse der Interheart-Studie bestätigen, dass es beim Rauchen als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen keinen Schwellenwert beziehungsweise kein „sicheres“ Rauchen gibt. Andererseits sollte sowohl ein verminderter Zigarettenkonsum als auch eine günstigere Verteilung der Blutfette graduell zu einem verminderten Risiko führen.

Eine Kombination der Risikofaktoren Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte Blutfette führt zu einer überadditiven Odds ratio von circa 50. Auf der anderen Seite kann der Verzicht auf das Rauchen, der regelmäßige Verzehr von Obst und Gemüse zusammen mit körperlicher Aktivität das Risiko für einen Herzinfarkt auf ein Viertel reduzieren. Dabei scheinen besonders Frauen von den Lebensstiländerungen zu profitieren.

Die weltweite, standardisierte Fall-Kontroll-Studie ergab, dass neun einfach zu ermittelnde Risikofaktoren zu mehr als 90 Prozent das Risiko für einen Herzinfarkt ausmachen. Dabei konnte erstmals gezeigt werden, dass der Einfluss der Faktoren sowohl länderunabhängig als auch unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit ist. Rauchen und erhöhte Blutfette machen über zwei Drittel des Gesamtrisikos aus. Die Ergebnisse von Interheart legen nahe, dass hinter den untersuchten Risikofaktoren jeweils ein für alle ethnischen Gruppen gleicher Mechanismus besteht. In welchem Ausmaß einzelne Bevölkerungsgruppen den jeweiligen Risikofaktoren ausgesetzt sind und wie gesundheitspolitisch weltweit interveniert werden kann, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

 

Quellen:

  • Yusuf S, et al., Effect of potentially modifiable risk factors associated with myocardial infarction in 52 countries (the INTERHEART study): case-control study. Lancet 364 (2004) 937 - 952.
  • Rosengren A, et al., Association of psychosocial risk factors with risk of acute myocardial infarction in 11119 cases and 13648 controls from 52 countries (the INTERHEART study): case-control study. Lancet 364 (2004) 953 - 62.
  • Ezzati M., How can cross-country research on health risks strengthen interventions? Lessons from INTERHEART. Lancet (2004) 364 912 - 914.

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