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Voll im Trend

22.11.1999  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag

TRENNKOST

Voll im Trend

von Annette Immel-Sehr, Bonn

Die "Trennkost" gehört zu den derzeit populärsten Diäten. Ratgeber-Bücher dazu schießen wie Pilze aus dem Boden, und Frauenzeitschriften versorgen ihre Leserinnen mit passenden Rezeptvorschlägen.

Der amerikanische Arzt Dr. Howard Hay (1866 bis 1940) konzipierte die Trennkost-Lehre, in Deutschland wurde sie vor allem durch Dr. Ludwig Walb verbreitet und weiterentwickelt. Der Name "Trennkost" basiert auf der Empfehlung, Eiweiß und Kohlenhydrate zeitlich getrennt aufzunehmen. Grund dafür ist die Hay´sche Theorie von den "chemischen Verdauungsgesetzen". Danach ist zur Verdauung von Eiweiß ein saures Milieu, für die Verdauung von Kohlenhydraten aber ein alkalisches Milieu erforderlich. Werden bei einer Mahlzeit gleichzeitig Kohlenhydrate und Proteine aufgenommen, muss es folglich zu einer Behinderung des Verdauungsprozesses kommen. Kohlenhydrate gelangen nach den Lehren Hays dann teilweise unverdaut in den Dünndarm und lösen dort Gärung und Fäulnis aus.

Für die Umsetzung der Trennvorschriften in die Praxis ordnet Hay die Nahrungsmittel in drei Gruppen ein: der Eiweißgruppe (zum Beispiel Fleisch, Fisch, Eier), der Kohlenhydratgruppe (zum Beispiel Kartoffeln, Vollkornprodukte) und einer neutralen Gruppe (zum Beispiel Butter, pflanzliche Öle, Gemüse). Produkte der Eiweiß- und Kohlenhydratgruppe dürfen nur mit denen aus der gleichen oder der neutralen Gruppe kombiniert werden. Ein Steak sollte man daher zum Beispiel zusammen mit Gemüse, aber ohne Kartoffeln essen. Anhänger der Trennkost-Lehre verzehren mittags die Proteinmahlzeit, abends die Kohlenhydratmahlzeit.

Die Hay´sche Lehre befasst sich jedoch nicht nur mit der Zusammensetzung der einzelnen Mahlzeiten, sondern auch mit der Zusammensetzung der Nahrung insgesamt. Nach Hay verursacht eine Übersäuerung des Körpers viele Erkrankungen. Dem soll ein ausgewogenes Verhältnis von basenbildender zu säurebildender Nahrung (4 : 1) entgegengewirken. Als starke Basenbildner gelten vor allem Gemüse, Obst und Kartoffeln. Zu den Säurebildnern zählen Fleisch, Wurst, Fisch, Eier, Käse und Vollkornprodukte. Auszugsmehle, weißer Zucker, polierter Reis. Konservierte Früchte und andere verarbeitete Nahrungsmittel lehnt Hay grundsätzlich ab.

Bewertung:

Die Trennkost-Theorie hält den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen nicht Stand. Das menschliche Verdauungssystem kann Eiweiß und Kohlenhydrate sehr wohl gleichzeitig verdauen. Schon die erste Nahrung des Menschen, die Muttermilch, besteht aus Eiweiß und Kohlenhydraten. Im Hinblick auf die Versorgung mit essenziellen Aminosäuren hat eine "gemischte" Mahlzeit, zum Beispiel Pellkartoffeln mit Spiegelei, sogar eine höhere biologische Wertigkeit als Kartoffeln und Ei allein. Auch die Sorge um eine Übersäuerung des Organismus ist völlig unbegründet. Der Körper verfügt über effektive Puffersysteme, die ihn auf dem physiologischen pH-Wert halten.

Bei einer strikten Anwendung der Hay´schen Vorschriften, das heißt eine Zusammensetzung der Nahrung aus 80 Prozent Basenbildnern und 20 Prozent Säurebildnern, ist eine ausgewogene Ernährung nicht gewährleistet. Ein Mangel an Vitamin B1, Calcium, Eisen und Jod kann die Folge sein. Bei der moderaten Form der Trennkost nach Walb sind Defizite dagegen nicht zu befürchten. Die Kost ähnelt in vielem der Vollwert-Ernährung.

Nierenkrankheiten, Diabetes mellitus oder Krebs mit der Hay´schen Trennkost zu behandeln, wie einzelne Anhänger immer wieder befürworten, ist grob fahrlässig, da die berichteten Heilerfolge wissenschaftlich nie belegt wurden. Unübersehbar sind dagegen die Erfolge, die die Trennkost-Diät bei der Gewichtsreduktion und Steigerung des Wohlbefindens erreicht. Vermutlich sind sie jedoch nicht auf das Trennen der Kost zurückzuführen, sondern eher auf Änderungen der Ernährungsweise: Die Trennkost-Vorschriften nach Walb leiten zu bewusstem und maßvollen Essen an und geben fettarmen und ballaststoffreichen Nahrungsmitteln den Vorzug. Zweifelsfrei ein positiver Aspekt dieser Diätvorschriften.

Von Nachteil ist jedoch, dass die Umsetzung der Trennkost-Vorschriften sehr aufwendig ist. Kaum jemand wird sie im beruflichen Alltag lange durchhalten können. Die meisten fallen früher oder später wieder in alte Gewohnheiten zurück. Sie nehmen wieder an Gewicht zu, weil sie nicht wirklich gelernt haben, ihre Ernährungsweise umzustellen. Von einem Wechsel – ohne "Trenn-Umwege" – hin zu einer maßvollen, abwechslungsreichen Mischkost, die wenig Fett aber viel Obst, Gemüse und Ballaststoffe enthält, würden sie dauerhaft profitieren.

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