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Mensch und Maschine

13.11.2000  00:00 Uhr

Mensch und Maschine

von Ulrike Wagner, Bonn

Computer, die Nervenzellen enthalten, und damit den Geräten ein Gedächtnis geben oder Menschen mit Computerchips im Gehirn: Themen für Science-Fiction-Autoren? Weit gefehlt. Die ersten Schritte zur Umsetzung solch futuristisch anmutender Ideen sind im Labor schon Vergangenheit. Professor Dr. Peter Fromherz vom Max-Planck-Institut in Martinsried und seine Mitarbeiter konnten zum Beispiel ein einfaches Netzwerk aus Neuronen und einem Silikonchip aufbauen.

Fromherz stellte seine Arbeiten auf der von caesar ("center of advanced european studies and research") organisierten Tagung "Kopplung biologischer und elektronischer Systeme" vor. Das hybride Netzwerk ist einfach. Es besteht nur aus zwei Nervenzellen und dem Silikonchip. Wenn das erste Neuron vom Chip aus stimuliert wird, gibt es die Erregung an die Nachbar-Nervenzelle weiter. Und diese leitet das Aktionspotenzial schließlich an den Chip zurück.

Das nächste Ziel sind kleine neuronale Netzwerke, bei denen die Lage der Synapsen genau festgelegt ist, berichtete Fromherz. Das gesamte Netz soll von Silikonchips beobachtet und kontrolliert werden. Ob dieser Ansatz schließlich zum Ziel führen wird, darin ist sich auch Fromherz nicht sicher. Vielleicht sind viele, eher zufällig angeordnete Neurone, gekoppelt an eine große Menge Mikrochips erfolgversprechender, räumte der Wissenschaftler ein.

Entdeckt hatte Fromherz die Möglichkeit, Aktionspotenziale von Nervenzellen an Silikonchips weiterzugeben, schon vor zehn Jahren. Anwendungsmöglichkeiten? Von Spekulationen hält Fromherz nichts. Denn seine einfachen Systeme sind mit der Komplexität des menschlichen Nervensystems auch nicht annähernd zu vergleichen. Trotzdem ist das Thema heikel. Der gezielte Eingriff in kognitive Funktionen rückt mit den neuen Ergebnissen zwar nicht in greifbare Nähe. Aber die Wahrscheinlichkeit steigt, dass dies eines Tages möglich sein wird.

Andere weniger umstrittene Systeme stehen bereits kurz vor ihrem Einsatz in der Praxis. So stellte Professor Dr. Piet von Bergveld von der Universität in Enschede, Niederlande, ein Mikrodialyse-System vor, das die aufwendigen Geräte zur Blutwäsche von Nierenkranken ersetzen kann. Durch die Lab-on-a-chip-Technologie werden Sensoren, Pumpen und andere Funktionen auf der Fläche weniger Quadratzentimeter vereinigt.

Mit dem ersten von ihm entwickelten Chip dieser Art können Ärzte die Laktatwerte eines Patienten am Krankenbett bestimmen. Prinzipiell kann man mit den Chips alle möglichen Enzyme und Ionen bestimmen, erklärte der Wissenschaftler.

Vorbilder für solche Biosensoren liefert die Natur: Enzyme, DNA oder auch ganze Zellen werden an Chips gekoppelt und lösen bei der Bindung ihrer Partnermoleküle ein Signal aus, das zum Nachweis oder auch zur Steuerung verwendet wird. So können zum Beispiel kleinste Mengen an Hormonen im Blut oder Toxine in Lebensmitteln nachgewiesen und gemessen werden.

Mit den Silikonchips im Computer haben die so genannten DNA-Chips außer ihrer geringen Größe nichts gemein, erklärte Dr. Jörg Hoheisel vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Sie bestehen aus Polypropylen oder aus Glas. An die Chips werden kurze DNA-Stücke gekoppelt. Damit untersuchen die Wissenschaftler dann, welche Gene in einer Zelle gerade aktiv sind. So lassen sich zum Beispiel die Expressionsmuster von Tumorzellen mit denen gesunder Zellen vergleichen. Hoheisen kritisierte die oft schlechte Qualität der kommerziell erhältlichen Chips und stellte Möglichkeiten vor, die bisherigen Systeme zu verbessern.

In der Klinik werden DNA-Chips bisher noch nicht eingesetzt. Aber bei der Typisierung von Bakterien und zum Nachweis gentechnisch veränderter Organismen setzen Wissenschaftler die neue Technik bereits ein. In Zukunft rechnet Hoheisen mit DNA-Chips, die direkt am Patienten elektronisch abgelesen werden: der Gentest für die Kitteltasche. Derzeit geschieht dies noch mit aufwendigen Fluoreszenz-Methoden.

Abgesehen von ethischen Fragen, die sich durch neue Diagnosemöglichkeiten stellen, stehen einige Forscher dem Wust an Daten, der durch die neuen, schnellen Methoden produziert wird, kritisch gegenüber. Dr. Daniel Hoffmann vom Forschungszentrum caesar warnte vor dem High-Throughput-Syndrom: Es sei bedenklich, nur noch Daten zu produzieren, ohne darüber nachzudenken.

Die Stiftung caesar ist eine selbstständige Stiftung privaten Rechts mit Kapital vom Bund und dem Land Nordrhein Westfalen, die 1995 im Rahmen der Ausgleichsmaßnahmen aus dem Bonn-Berlin-Gesetz zur Unterstützung des Strukturwandels in der Region gegründet wurde.

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