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Streit um Selbsttest für Infarktpatienten

26.08.2002  00:00 Uhr

Streit um Selbsttest für Infarktpatienten

von Ulrich Brunner, Eschborn

Die Deutsche Herzstiftung hat vergangene Woche vor einem Patiententest zum Nachweis von Herzmuskelschäden gewarnt. Jetzt droht der Hersteller Vitest der Stiftung auf Grund einer aus seiner Sicht falschen Darstellung mit juristischen Schritten.

Seit einigen Monaten vermarktet das Züricher Unternehmen Vitest auch über deutsche Apotheken das Testkit Myokard Status. Der Schnelltest zum Preis von 30 Euro wurde zur Eigenanwendung für Patienten entwickelt, bei denen Verdacht auf einen Herzmuskelschaden besteht. Der Test spürt die Proteine kardiales Troponin I, Myoglobin und Kreatinkinase MB im Blut auf. Die drei Markerproteine zirkulieren zwei bis drei Stunden nach Schädigung des Herzmuskels im Plasma.

Das Unternehmen schränkt das Einsatzgebiet der Eigenuntersuchung in der Packungsbeilage ein. Bei starken, anhaltenden Beschwerden, Kreislaufzusammenbruch oder Atemnot müsse sofort der Notarzt gerufen werden.

Stiftung warnt vor Test

Der Test könne lebensgefährlich sein, weil Patienten nach einem Herzinfarkt unter Umständen zu lange warten, ehe sie den Notarzt rufen, warnte die Deutsche Herzstiftung vergangene Woche in einer Pressemittlung. Wer sich auf das Ergebnis des Myokard Status verlasse, verspiele die Chance, sich rechtzeitig behandeln zu lassen. Nach Meinung der Stiftung gehört der Test deshalb nicht in Patientenhände.

Der Hersteller wehrt sich gegen die Kritik der deutschen Mediziner. Die Gebrauchsanweisung sei eindeutig formuliert, und die Stiftung habe das Medizinprodukt völlig missverstanden. Der Test sei nur für Patienten geeignet, die auf Grund unspezifischer Symptome wie Schmerzen in Oberbauch, Kiefer oder Schulterblättern sowieso nicht den Notarzt rufen, betonte Vitest-Sprecher Dr. Ingo Waschulewski gegenüber der PZ. Dies sei in der Packungsbeilage eindeutig so formuliert. Man wolle Risikopatienten zusätzlich sensibilisieren.

Die Herzstiftung warnt zudem vor falsch negativen Ergebnissen. Patienten könnten sich in trügerischer Sicherheit wiegen. Die Behauptung der Herzstiftung, Vitest werbe damit, dass das Testergebnis bereits nach 15 Minuten vorliege, sei völlig falsch, kontert Waschulewski. Im Beipackzettel weise man explizit darauf hin, dass die Marker frühestens ein bis zwei Stunden nach Herzmuskelschäden im Blut nachgewiesen werden können.

„Auf Grund der falschen Behauptungen denken wir über gerichtliche Schritte gegen die Stiftung nach“, so der Firmensprecher. Sein Unternehmen habe bereits vor geraumer Zeit den Kontakt zu der Organisation gesucht. Die Deutsche Herzstiftung sah laut Waschulewski jedoch keinen Klärungsbedarf und lehnte jegliche Gespräche ab. Top

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