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Impfung gegen Zervixkarzinom kommt

06.06.2005  00:00 Uhr
Humane Papillomaviren

Impfung gegen Zervixkarzinom kommt

von Christine Vetter, Vancouver

Jährlich erkranken allein in Europa mehr als 33.000 Frauen am Gebärmutterhalskrebs. Rund 15.000 Patientinnen versterben an diesem Karzinom, an dessen Entstehung humane Papillomaviren (HPV) maßgeblich beteiligt sind. Aber schon in absehbarer Zukunft dürfte ein Impfstoff gegen HPV verfügbar sein.

Der Gebärmutterhalskrebs ist weltweit nach dem Brustkrebs der häufigste bösartige Tumor der Frau. Bei 99,7 Prozent der Karzinome lässt sich DNA von Papillomaviren nachweisen. Die Assoziation dieser Viren zum Zervixkarzinom ist damit sogar enger als diejenige zwischen Rauchen und Lungenkrebs, hieß es bei der 22. Internationalen Konferenz über humane Papillomaviren im kanadischen Vancouver.

Die Viren, die durch Sexualkontakte übertragen werden, sind weit verbreitet. Bis zu 70 Prozent der sexuell aktiven Frauen infizieren sich im Verlaufe ihres Lebens mit HPV, die jedoch im Allgemeinen durch die körpereigene Abwehr eliminiert werden. »Das allerdings kann unter Umständen Wochen und sogar viele Monate dauern«, berichtete Professor Dr. Martin W. Kast aus Los Angeles. So könne das Virus auch über lange Zeit persistieren, ohne dass die Infektion Symptome verursacht.

Andererseits kann es bei einigen HPV-Stämmen und vor allem bei HPV 6 und 11 zur Ausbildung von Genitalwarzen kommen, die äußerst störend und zudem schwer behandelbar sind. Die Viren können zudem noch nach Jahren anfangen, ungehemmt zu wachsen, wobei es über die Entwicklung von Vorstufen, den so genannten intraepithelialen Zervixneoplasien, kurz CIN (Cervical Intraepithelial Neoplasie), zum Zervixkarzinom kommt. Nach diesen CIN wird bei den Krebsfrüherkennungsuntersuchungen mit dem PAP-Test (Test nach Papanicolaou) gefahndet, wobei unterschieden wird zwischen CIN 1, den frühen Zellveränderungen, und CIN 2/3, Läsionen mit ausgeprägten Zellveränderungen, die bereits als Krebsvorstufen gelten.

Vakzine in Phase III

Bei bis zu 70 Prozent der Gewebeproben von Zervixkarzinomen oder ihren Vorstufen lassen sich zwei definierte HPV-Stämme nachweisen und zwar HPV 16 und HPV 18. »Diese beiden Virusformen sind damit für die überwiegende Mehrzahl der Fälle an Gebärmutterhalskrebs verantwortlich«, berichtete Kast in Vancouver. Derzeit besteht die Strategie darin, durch Screeninguntersuchungen solche Vorstufen möglichst frühzeitig zu erkennen und zu eliminieren. »Viel besser aber wäre es, die Infektion und damit die Tumorentstehung per se zu unterbinden«, betonte Dr. John Schiller vom National Institut of Health (NIH) in Bethesda, Maryland. Damit besteht nach seinen Worten eine klare Rationale für die Entwicklung eines Impfstoffs, woran derzeit auch intensiv gearbeitet wird.

Zwei derzeit in der Entwicklung befindliche Vakzine wurden in Vancouver vorgestellt und zwar ein Impfstoff des Unternehmens GlaxoSmithKline gegen HPV 16 und HPV 18 sowie ein Impfstoff von Sanofi Pasteur MSD/Merck, bei dem es sich um ein quatrovalentes Vakzin handelt, das sich nicht nur gegen HPV 16 und HPV 18 richtet, sondern auch gegen die Genitalwarzen verursachenden Stämme HPV 6 und 11. Die Impfstoffe basieren auf Virus-ähnlichen Partikeln, die aus dem Virusprotein L1 gebildet werden, enthalten keine Viren-DNA und sind folglich selbst nicht pathogen, berichtete Dr. Michael Watson von Sanofi Pasteur MSD in Lyon. Wie der Wissenschaftler erläuterte, hat das Vakzin, das unter dem Namen Gardasil® vermarktet werden soll, in bisherigen Untersuchungen einen hohen Anti-HPV-Titer induziert und zwar für die einzelnen Stämme bis zu 145-mal höher als bei der natürlichen Infektion beobachtet wird.

Das bei mehr als 13.000 Personen getestete Vakzin erwies sich dabei als gut verträglich und kann offensichtlich, so die bisherigen Befunde, die Inzidenz persistierender Infektionen zu 96 Prozent reduzieren und die Entwicklung von Genitalwarzen wie auch von CIN verhindern. Mit dem neuen Vakzin, mit dem vor allem Kinder zwischen dem 9. und 12. Lebensjahr sowie Jugendliche und junge Erwachsene geimpft werden sollen, besteht somit nach Watson eine effektive Möglichkeit, per Impfung das Auftreten von Krebs zu verhindern. Derzeit läuft nach Herstellerangaben eine Phase-III-Studie mit rund 25. 000 Probanden, die Ende des Sommers abgeschlossen sein wird. Die Zulassung werde voraussichtlich noch Ende des Jahres beantragt, so dass die Vakzine Anfang 2007 auf den Markt kommen könnte.

 

Humane Papillomaviren Die humanen Papillomaviren (HPV) gehören zur Familie der Papovaviridae. Sie bestehen aus einem Kapsomer, das aus zwei Proteinen, dem L1-Protein, das etwa 80 Prozent des Viruspartikels ausmacht, und dem L2-Protein gebildet wird und das virale Genom enthält.
Die Warzenviren sind relativ stabil. Man kennt inzwischen mehr als hundert\ Stämme, und bereits seit den 40er-Jahren sind die Papillomaviren als Verursacher von Warzen an Händen und Füßen bekannt. Von besonderer Bedeutung sind die Stämme HPV 6 und 11, da sie Genitalwarzen (Feigwarzen, Condylomata acuminata) verursachen, die per Hautkontakt übertragen werden, weshalb die Infektion auch zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen gerechnet wird. Über den Hautkontakt können ferner die Stämme HPV 16 und 18 übertragen werden, die in den 70er-Jahren von Professor Dr. Harald zur Hausen vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg mit dem Zervixkarzinom in Verbindung gebracht wurden. Inzwischen besteht kein Zweifel mehr daran, dass es sich um Tumorviren handelt.

 

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