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Kein Mensch braucht eine Sonnenbank

12.05.1997  00:00 Uhr

- Medizin

  Govi-Verlag

Kein Mensch braucht eine Sonnenbank

  Noch immer gilt sonnengebräunte Haut als schön. Sie steht für Gesundheit, Erfolg und einige andere positive Aspekte; wer braun ist, ist auch jung-dynamisch, sportlich-aktiv, so das weit verbreitete Klischee. Inzwischen hat die Werbung zwar auch das blassere Schönheitsideal wiederentdeckt, doch eingeschworene Sonnenfans lassen sich nicht von ihrer Leidenschaft abbringen. Zum Urlaub geht es in die Sonne, und vorher läßt man sich auf der Sonnenbank schmoren, zum Vorbräunen. Aber der Sonnenschutz, den diese Bräune bietet, ist nicht so hoch, wie oft propagiert.

Die meisten Sonnenbänke, die heute in deutschen Solarien stehen, geben hauptsächlich UVA-Strahlung mit einer Wellenlänge von 315 bis 400 nm ab. Nur circa 1,5 Prozent sind UVB-Strahlen (280 bis 315 nm). In unseren Breiten kann der Anteil von UVB an der natürlichen UV-Strahlung aber bis zu 6 Prozent erreichen.

UVB baut den Lichtschutz auf

Die Wirkungen von UVA und UVB auf die menschliche Haut unterscheiden sich stark. UVB sorgt dafür, daß die Melanozyten in der Haut zunehmen, sich vergrößern und dunkler werden; die subepidermalen Zellen sind die Bildungsorte des braun-schwarzen Pigments Melanin, das unsere Hautbräune ausmacht. Außerdem baut sich nur unter UVB die Lichtschwiele, eine Verdickung der Hornhaut, auf. Diese Veränderungen geben der Haut einen natürlichen Sonnenschutz. Bei weiterer Sonnenbestrahlung sinkt so die Gefahr, ein Erythem, einen Sonnenbrand, zu bekommen. Gleichzeitig ist UVB aber dafür verantwortlich, daß sich bei zu langer Sonnenexposition Erytheme bilden.

Kurze Zeit nach einer Bestrahlung mit UVA verfärben sich die Melanozyten. Diese Bräune verblaßt schneller als die UVB-Bräune. Der Aufbau der Lichtschwiele und die Vergrößerung der Melanin-produzierenden Zellen fehlen jedoch bei reiner UVA-Bestrahlung. Dadurch ist der Sonnenschutz nach UVA-Bestrahlung nicht so hoch wie die knackige Bräune suggeriert. Mit Hilfe eines Solariums kann höchsten der Lichtschutzfaktor (LSF) 10 erreicht werden, während die natürliche Sonne einen LSF von 20 bis 40 in der menschlichen Haut aufbauen kann.

Die Hersteller von Bräunungslampen gehen davon aus, daß sie mit der reduzierten UVB-Bestrahlung die Menschen vor einem Sonnenbrand schützen. Man wird auf der Sonnenbank tatsächlich schnell braun, ohne zu verbrennen. Aber den optimalen Sonnenschutz kann sie nicht bieten, weil der UVB-Anteil zu gering ist.

Schäden an der DNA

Die unterschiedlichen Wirkungen der UV-Spektren kann man auf die Eindringtiefe der Strahlen in die Haut zurückführen. Je längerwellig diese sind, desto tiefer dringen sie ein. UVB-Strahlen gehen bis in die Basalzellschicht, UVA-Strahlen sogar bis in die Unterhaut. Dort, wo die Strahlung absorbiert wird, kann sie Mutationen im genetischen Material auslösen. Heute besteht kein Zweifel mehr daran, daß auch UVA mutagen wirkt und damit Krebs auslösen kann. Die Bonner Strahlenschutzkommission (SSK) berücksichtigt diese Erkenntnis in ihrem kürzlich erschienen Jahresbericht 1996: "Mehrere vorgestellte Ergebnisse weisen auf eine bisher unterschätzte Bedeutung der UVA-Strahlung für Veränderungen des Erbgutes und für die Krebsentstehung hin,..."

Die Hauttumoren entstehen dadurch, daß die UV-Strahlung zunächst Mutationen in der DNA auslöst. Dabei handelt es sich um Einzel- und Doppelstrangbrüche sowie Pyrimidin-Dimerisationen. UVA kann indirekte Mutationen durch phototoxische Reaktionsprodukte verursachen, die in der Zelle entstehen. Ein natürliches Reparatursystem korrigiert zwar nach einem Sonnenbad DNA-Mutationen, aber auch die Gene, die die Reparatur steuern, können mutieren und so eine korrekte Wiederherstellung des Erbmaterials verhindern.

Wie viele Sonnenbäder nötig sind, um einen Hauttumor zu induzieren ist bisher - zumindest für den Menschen. - unbekannt. Wissenschaftler gehen davon aus, daß die Kumulation der Strahlung über die gesamte Lebenszeit für das Risiko einer Hautschädigung entscheidend ist. Bisher weiß man, daß UV-Strahlung Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome verursachen kann. Sie kommen beim Menschen fast ausschließlich an solchen Stellen vor, die häufig der Sonne ausgesetzt sind. Der Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und malignen Melanomen ist noch unklar. Es ist aber bekannt, daß sie bei Personen mit sonnenempindlicher Haut und einer großen Anzahl von Muttermalen häufiger auftreten. Außerdem scheinen bei Melanomen nicht die kumulierte UV-Dosis, sondern wenige, aber starke Bestrahlungen, besonders in der Kindheit, eine Rolle zu spielen. Jedes Erythem steigert das Hautkrebsrisiko. UV-Strahlung führt außerdem zu einer vorzeitigen Hautalterung.

Sonnenbankfreunde berufen sich auf Vitamin-D-Bildung

Helga Luise Hass, Pressesprecherin des Fördervereins Sonnenforschung, die sich für den guten Ruf der Sonnenbänke einsetzt, weist die Warnungen vor der UV-Strahlung zurück. Sie befürchtet vielmehr, daß ein Sonnenmangel heute die Menschen krank macht. Dabei beruft sie sich auf die wichtige Funktion der UV-Strahlung bei der Vitamin-D-Bildung in der menschlichen Haut. Die Lebensgewohnheiten brächten es mit sich, daß die Menschen heute die meiste Zeit in Gebäuden verbringen und so nicht in den Genuß der positiven UV-Wirkungen kämen. Zum Ausgleich hält Hass Solarien für geeignet. In einer Pressemitteilung empfiehlt der Förderverein Sonnenforschung ein bis zwei Sonnenbäder pro Woche, wobei bei der Bestrahlungszeit die individuelle Lichtempfindlichkeit berücksichtigt werden sollte.

Professor Dr. Eckhard Breitbart, Vorsitzender des Deutschen Dermatologen-Verbandes und Mitglied der Strahlenschutzkommission hält dagegen: "Kein Mensch auf dieser Erde, wenn er keine Hauterkrankung hat, braucht eine Sonnenbank. Die Vitamin-D-Produktion könne in ausreichendem Maße angeregt werden, wenn man sich jeden Tag nur für kurze Zeit im Tageslicht aufhält. Allein der Lichtkontakt der Hände stelle eine ausreichende Vitamin-D-Produktion sicher.

Die Anzahl der Sonnenstudios in Deutschland zeigt, daß die Sonnenfans sich von dem künstlichen Sonnenbad nicht abhalten lassen. Zusammen, mit Fitneßcentern, Hotels, Saunen und Friseursalons, in denen man die eine oder andere Sonnenbank findet, kommt man insgesamt auf rund 18 000 Stellen, an denen öffentliche Sonnenbänke stehen.

Unzureichende Beratung in Studios

Häufiges Manko, so beklagt Breitbart, sei die mangelnde oder fehlende Beratung in den Studios. Zum Schutz der Haut ist es wichtig, daß man einige Regeln beachtet:
  • Menschen vom Hauttyp 1 mit sehr heller, sonnenbrandgefährdeter Haut sollten Solarien nur unter ärztlicher Kontrolle benutzen.
  • Auch Menschen mit anderen Hauttypen sollten diesen vor Sonnenbankbenutzung unbedingt bestimmen, um so die individuelle Höchstbestrahlungszeit ermitteln zu können.
  • Kosmetika müssen mehrere Stunden vor dem Bad im UV-Licht von der Haut entfernt werden, weil sonst Pigmentstörungen oder Hautreizungen entstehen können.
  • Besonders wichtig ist der Hinweis auf die Gefahr photosensibilisierender Medikamente. Der Gebrauch verschiedener Arzneimittel kann die Empfindlichkeit gegenüber der UV-Strahlung erhöhen. Dazu gehören teerhaltige Dermatika, einige orale Antidiabetika und Antibiotika, Hydrochlorothiazid sowie Phenotiazine.

PZ-Artikel von Monika Noll, Eschborn

       

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