Medizin
Noch immer gilt sonnengebräunte
Haut als schön. Sie steht für Gesundheit, Erfolg und
einige andere positive Aspekte; wer braun ist, ist auch
jung-dynamisch, sportlich-aktiv, so das weit verbreitete
Klischee. Inzwischen hat die Werbung zwar auch das
blassere Schönheitsideal wiederentdeckt, doch
eingeschworene Sonnenfans lassen sich nicht von ihrer
Leidenschaft abbringen. Zum Urlaub geht es in die Sonne,
und vorher läßt man sich auf der Sonnenbank schmoren,
zum Vorbräunen. Aber der Sonnenschutz, den diese Bräune
bietet, ist nicht so hoch, wie oft propagiert.
Die meisten Sonnenbänke, die heute in deutschen
Solarien stehen, geben hauptsächlich UVA-Strahlung mit
einer Wellenlänge von 315 bis 400 nm ab. Nur circa 1,5
Prozent sind UVB-Strahlen (280 bis 315 nm). In unseren
Breiten kann der Anteil von UVB an der natürlichen
UV-Strahlung aber bis zu 6 Prozent erreichen.
UVB baut den Lichtschutz auf
Die Wirkungen von UVA und UVB auf die
menschliche Haut unterscheiden sich stark. UVB sorgt
dafür, daß die Melanozyten in der Haut zunehmen, sich
vergrößern und dunkler werden; die subepidermalen
Zellen sind die Bildungsorte des braun-schwarzen Pigments
Melanin, das unsere Hautbräune ausmacht. Außerdem baut
sich nur unter UVB die Lichtschwiele, eine Verdickung der
Hornhaut, auf. Diese Veränderungen geben der Haut einen
natürlichen Sonnenschutz. Bei weiterer Sonnenbestrahlung
sinkt so die Gefahr, ein Erythem, einen Sonnenbrand, zu
bekommen. Gleichzeitig ist UVB aber dafür
verantwortlich, daß sich bei zu langer Sonnenexposition
Erytheme bilden.
Kurze Zeit nach einer Bestrahlung mit UVA verfärben sich
die Melanozyten. Diese Bräune verblaßt schneller als
die UVB-Bräune. Der Aufbau der Lichtschwiele und die
Vergrößerung der Melanin-produzierenden Zellen fehlen
jedoch bei reiner UVA-Bestrahlung. Dadurch ist der
Sonnenschutz nach UVA-Bestrahlung nicht so hoch wie die
knackige Bräune suggeriert. Mit Hilfe eines Solariums
kann höchsten der Lichtschutzfaktor (LSF) 10 erreicht
werden, während die natürliche Sonne einen LSF von 20
bis 40 in der menschlichen Haut aufbauen kann.
Die Hersteller von Bräunungslampen gehen davon aus, daß
sie mit der reduzierten UVB-Bestrahlung die Menschen vor
einem Sonnenbrand schützen. Man wird auf der Sonnenbank
tatsächlich schnell braun, ohne zu verbrennen. Aber den
optimalen Sonnenschutz kann sie nicht bieten, weil der
UVB-Anteil zu gering ist.
Schäden an der DNA
Die unterschiedlichen Wirkungen der UV-Spektren kann man
auf die Eindringtiefe der Strahlen in die Haut
zurückführen. Je längerwellig diese sind, desto tiefer
dringen sie ein. UVB-Strahlen gehen bis in die
Basalzellschicht, UVA-Strahlen sogar bis in die
Unterhaut. Dort, wo die Strahlung absorbiert wird, kann
sie Mutationen im genetischen Material auslösen. Heute
besteht kein Zweifel mehr daran, daß auch UVA mutagen
wirkt und damit Krebs auslösen kann. Die Bonner
Strahlenschutzkommission (SSK) berücksichtigt diese
Erkenntnis in ihrem kürzlich erschienen Jahresbericht
1996: "Mehrere vorgestellte Ergebnisse weisen auf
eine bisher unterschätzte Bedeutung der UVA-Strahlung
für Veränderungen des Erbgutes und für die
Krebsentstehung hin,..."
Die Hauttumoren entstehen dadurch, daß die UV-Strahlung
zunächst Mutationen in der DNA auslöst. Dabei handelt
es sich um Einzel- und Doppelstrangbrüche sowie
Pyrimidin-Dimerisationen. UVA kann indirekte Mutationen
durch phototoxische Reaktionsprodukte verursachen, die in
der Zelle entstehen. Ein natürliches Reparatursystem
korrigiert zwar nach einem Sonnenbad DNA-Mutationen, aber
auch die Gene, die die Reparatur steuern, können
mutieren und so eine korrekte Wiederherstellung des
Erbmaterials verhindern.
Wie viele Sonnenbäder nötig sind, um einen Hauttumor zu
induzieren ist bisher - zumindest für den Menschen. -
unbekannt. Wissenschaftler gehen davon aus, daß die
Kumulation der Strahlung über die gesamte Lebenszeit
für das Risiko einer Hautschädigung entscheidend ist.
Bisher weiß man, daß UV-Strahlung Basalzellkarzinome
und Plattenepithelkarzinome verursachen kann. Sie kommen
beim Menschen fast ausschließlich an solchen Stellen
vor, die häufig der Sonne ausgesetzt sind. Der
Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und malignen Melanomen
ist noch unklar. Es ist aber bekannt, daß sie bei
Personen mit sonnenempindlicher Haut und einer großen
Anzahl von Muttermalen häufiger auftreten. Außerdem
scheinen bei Melanomen nicht die kumulierte UV-Dosis,
sondern wenige, aber starke Bestrahlungen, besonders in
der Kindheit, eine Rolle zu spielen. Jedes Erythem
steigert das Hautkrebsrisiko. UV-Strahlung führt
außerdem zu einer vorzeitigen Hautalterung.
Sonnenbankfreunde berufen sich auf Vitamin-D-Bildung
Helga Luise Hass, Pressesprecherin des
Fördervereins Sonnenforschung, die sich für den guten
Ruf der Sonnenbänke einsetzt, weist die Warnungen vor
der UV-Strahlung zurück. Sie befürchtet vielmehr, daß
ein Sonnenmangel heute die Menschen krank macht. Dabei
beruft sie sich auf die wichtige Funktion der
UV-Strahlung bei der Vitamin-D-Bildung in der
menschlichen Haut. Die Lebensgewohnheiten brächten es
mit sich, daß die Menschen heute die meiste Zeit in
Gebäuden verbringen und so nicht in den Genuß der
positiven UV-Wirkungen kämen. Zum Ausgleich hält Hass
Solarien für geeignet. In einer Pressemitteilung
empfiehlt der Förderverein Sonnenforschung ein bis zwei
Sonnenbäder pro Woche, wobei bei der Bestrahlungszeit
die individuelle Lichtempfindlichkeit berücksichtigt
werden sollte.
Professor Dr. Eckhard Breitbart, Vorsitzender des
Deutschen Dermatologen-Verbandes und Mitglied der
Strahlenschutzkommission hält dagegen: "Kein Mensch
auf dieser Erde, wenn er keine Hauterkrankung hat,
braucht eine Sonnenbank. Die Vitamin-D-Produktion könne
in ausreichendem Maße angeregt werden, wenn man sich
jeden Tag nur für kurze Zeit im Tageslicht aufhält.
Allein der Lichtkontakt der Hände stelle eine
ausreichende Vitamin-D-Produktion sicher.
Die Anzahl der Sonnenstudios in Deutschland zeigt, daß
die Sonnenfans sich von dem künstlichen Sonnenbad nicht
abhalten lassen. Zusammen, mit Fitneßcentern, Hotels,
Saunen und Friseursalons, in denen man die eine oder
andere Sonnenbank findet, kommt man insgesamt auf rund 18
000 Stellen, an denen öffentliche Sonnenbänke stehen.
Unzureichende Beratung in Studios
Häufiges Manko, so beklagt Breitbart, sei die
mangelnde oder fehlende Beratung in den Studios. Zum
Schutz der Haut ist es wichtig, daß man einige Regeln
beachtet:
- Menschen vom Hauttyp 1 mit sehr heller,
sonnenbrandgefährdeter Haut sollten Solarien nur
unter ärztlicher Kontrolle benutzen.
- Auch Menschen mit anderen Hauttypen sollten
diesen vor Sonnenbankbenutzung unbedingt
bestimmen, um so die individuelle
Höchstbestrahlungszeit ermitteln zu können.
- Kosmetika müssen mehrere Stunden vor dem Bad im
UV-Licht von der Haut entfernt werden, weil sonst
Pigmentstörungen oder Hautreizungen entstehen
können.
- Besonders wichtig ist der Hinweis auf die Gefahr
photosensibilisierender Medikamente. Der Gebrauch
verschiedener Arzneimittel kann die
Empfindlichkeit gegenüber der UV-Strahlung
erhöhen. Dazu gehören teerhaltige Dermatika,
einige orale Antidiabetika und Antibiotika,
Hydrochlorothiazid sowie Phenotiazine.
PZ-Artikel von Monika Noll, Eschborn
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