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Unterhemd mit eingebautem Deo

19.03.2001  00:00 Uhr

KLEIDUNG DER ZUKUNFT

Unterhemd mit eingebautem Deo

von Wolfgang Kappler, Homburg

Nachdem Kleider über Jahrtausende hinweg warm hielten, Schutz boten und Leute machten, sollen sie zukünftig mehr leisten. Das Unterhemd von morgen verhindert üblen Schweißgeruch, der Pullover duftet tagelang nach Lavendel und bei Erkältung nach Menthol, die Bluse verjagt lästige Insekten, der ölverschmutzte Blaumann lässt sich mühelos reinigen, und der Schlafanzug wirkt feuchtigkeitsregulierend. Im Deutschen Textilforschungsinstitut in Krefeld, das der Universität Duisburg angeschlossen ist, hat die Zukunft bereits begonnen.

Grundlage ist die Textilveredelung mit Cyclodextrin. "Dabei handelt es sich um ringförmige Zuckermoleküle verschiedener Größe mit einem Hohlraum", erklärt Dr. Dierk Knittel. Das Molekül stellt man sich am Besten als Fass ohne Boden vor. Gewonnen wird es durch den Abbau von Stärke mit Hilfe von Enzymen. Seit November 2000 ist es als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und wird unter anderem als Verdickungsmittel eingesetzt.

Arzneimittelhersteller nutzen die Substanz schon lange, um wasserunlösliche Moleküle wasserlöslich zu machen. Dabei gelangt der Arzneistoff in den Hohlraum des Cyclodextrins. Im Prinzip ist das Zuckermolekül damit nichts anderes als eine Verpackungshülle, die sich nun auch die Textilindustrie zu Nutze machen will, um Kleidungsstücke mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen herzustellen.

Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Dr. Dierk Knittel und Dr. Hans-Jürgen Buschmann ist es Professor Dr. Eckhard Schollmeyer gelungen, die Zuckermoleküle über die Ankersubstanz Monochlortriazinyl dauerhaft mit Textilfasern zu verbinden. Damit baumeln an der Textilie Millionen der kleinen Zuckerfässchen. Eine erste praktische Anwendung gibt es bereits, zumindest im Labor: das Schweißgeruch vernichtende Unterhemd. Bis die Verbraucher allerdings auch ohne lästigen Schweißgeruch auf Deodorant verzichten können, wird noch einige Zeit vergehen.

Zucker bindet Bakteriennahrung

Schweiß ist an sich geruchlos. Doch dienen einzelne seiner Bestandteile den auf der Haut siedelnden Bakterien als Nahrung. Letztlich sind es deren Ausscheidungen, die übel riechen. Verhindern lässt sich das, indem man den Mitbewohnern die Nahrung wegnimmt. Nichts anderes tut das für diesen Zweck veränderte und hautverträgliche Cyclodextrin. Es schluckt einfach die bakteriellen Nahrungsbestandteile. Knittel: "Wenn die verankerten Cyclodextrinmoleküle voll sind, leert sie die nächste Wäsche. Die Wassermoleküle werfen den Schmutz einfach hinaus." Darin liegt der Unterschied zu antimikrobiellen Textilbehandlungen, deren Wirksubstanzen zwar direkt Bakterien angreifen, die aber Hautirritationen auslösen können.

Umgekehrt denken die Krefelder bereits daran, das Cyclodextrin von vornherein mit Duftstoffen oder Insekten abweisenden Mitteln zu beladen. "Wenn die Wirkung verflogen ist, kann man das Bekleidungsstück wieder 'aufladen', zum Beispiel mit einem Spray", sagt Knittel. Auch Berufsbekleidung kann mit Cyclodextrin vorteilhaft veredelt werden. Ölschmutz dringt in der Regel tief in die Fasern ein. Cyclodextrin könnte die Partikel schlucken und an der Oberfläche binden, mit der Konsequenz einer einfachen Reinigung. Selbst Zelte oder Schlafsäcke, die mit einem Antifoulingmittel gegen Verwitterung und Mikroorganismen geschützt werden, sind vorstellbar.

Kooperationspartner gesucht

Einen großen Zukunftsmarkt sehen die Krefelder Textilforscher indes im medizinischen Bereich: Kleidung, die Wirkstoffe über die Haut abgibt oder die Wunden und Hautveränderungen desinfiziert. Das gleiche gilt auch für sterilisierende Bettwäsche und Verbandsmaterialien. "Da wir aber keine Mediziner sind, brauchen wir in diesem Bereich Hilfe und Kooperationen mit Ärzten und Pharmazeuten. Die haben wir noch nicht", räumt Knittel ein, weist aber darauf hin: "Hautklinisch ist auf jeden Fall getestet, dass die neue Ausrüstung weder hautreizend wirkt noch Allergien auslöst." Und wann ist mit den mit Cyclodextrin imprägnierten Textilien zu rechnen? "Bekleidung dauert noch, Bettwäsche gibt es bereits", so Knittel. Bisherigen Schätzungen zufolge seien solche Produkte etwa zehn Prozent teurer als herkömmliche Bekleidung.

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