Medizin |
26.01.1998 00:00 Uhr |
Medizin
Antioxidantien steigern die Effektivität einer Chemotherapie bei Kolorektalkrebs.
Rebecca Chinery und ihre Kollegen vom Vanderbilt Cancer Center in Nashville,
Tennessee/USA, beobachteten, daß die antioxidativen Substanzen
Pyrolidindithiocarbamat (PDTC) und Vitamin E die Apoptose, das heißt den
programmierten Tod von Kolorektalkrebszellen, fördern. Ferner konnte durch die
Gabe der Antioxidantien die Kernteilung der mutierten Zellen unterdrückt werden.
Ergebnisse zahlreicher Studien hatten gezeigt, daß es bei 80 Prozent der
fortgeschrittenen Karzinome zu Mutationen des p53-Gens, eines
Tumorsuppressorgens, der betroffenen Zellen kommt. Normalerweise überwacht
p53 die Beschaffenheit des genetischen Materials. Sein Defekt führt zu einer
schrittweisen Häufung von Mutationen.
Chinery und ihr Team stellten fest, daß die Gabe von Vitamin E oder PDTC das
Gen p21 stimuliert. Auch p21 fördert die Apoptose und greift in den
Teilungsmechanismus des defekten Kernmaterials ein. Dieser Mechanismus ist
jedoch unabhängig vom p53-Gen.
Die Empfindlichkeit von defekten Zellreihen gegenüber den Zytostatika
5-Fluorouracil (5-FU) oder Doxorubicin konnte in vitro und in vivo durch PDTC
oder Vitamin E signifikant gesteigert werden. Dies bedeutet nach Einschätzung der
Wissenschaftler einen großen Fortschritt für die selektive Chemotherapie. 5-FU gilt
momentan als effektivstes Medikament gegen Kolonkrebs. Die Therapie spricht
jedoch lediglich bei 20 Prozent der behandelten Patienten an.
Quelle: Chinery. R., et al., Nature Medicine, Vol. 3. November 1997, 1233 - 1241.
Ob ein Arzt bei einem Patienten eine Demenz diagnostiziert oder nicht, scheint im
wesentlichen davon abzuhängen, nach welchen Kriterien die Untersuchung
vorgenommen wurde. Ein internationales Forscherteam konnte jetzt nämlich
nachweisen, daß die bekannten Klassifikationssysteme für Demenz völlig
unterschiedliche Resultate liefern.
Die Wissenschaftler aus Kanada, Großbritannien und Finnland wendeten bei ihren
Untersuchungen mit 1879 älteren Menschen sechs verschiedene
Klassifikationssysteme an: Die dritte Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual
of Mental Disorders (DSM-III), die revidierte dritte Ausgabe (DSM-III-R), die
vierte Ausgabe (DSM-IV), ICD-9, ICD-10 und die Cambridge Examination for
Mental Disorders of the Elderly (CAMDEX).
Die Ergebnisse wichen um den Faktor 10 voneinander ab. So litten nach den
Kriterien der ICD-10 lediglich 3,1 Prozent der Versuchspersonen unter Demenz,
nach den Kriterien des DSM-III waren es 29,1 Prozent. Grund für die Diskrepanz
ist nicht die unterschiedliche Sensibilität der Kriterien, denn nicht einmal die Hälfte
der Menschen, die nach ICD-10 eine Demenz ausgebildet hatten, waren auch nach
allen anderen Kriterien dement. Lediglich 20 Personen, also 1,1 Prozent, konnten
nach allen sechs Kriterien als dement eingestuft werden. Dieses Resultat belege die
Dringlichkeit einer verbindlichen Definition von Hirnleistungsstörungen und eine klare
Charakterisierung der Diagnosekategorien, so das Fazit der Autoren.
Quelle: Erkinjuntti, T., et al., New England Journal of Medicine, 4. Dezember 1997, Vol. 337,
1659-65.
Estrogen gilt zwar gemeinhin als weibliches Hormon, doch scheint es auch die
männlichen Spermien auf Trab zu bringen. Der US-amerikanische Wissenschaftler
Rex A. Hess hat festgestellt, daß männliche Mäuse, denen der
alpha-Estrogenrezeptor fehlt, unfruchtbar sind.
Spermatocyten werden in den Sertolizellen der Samenkanälchen gebildet. Von dort
aus wandern sie in den Nebenhoden, in dessen Gängen sie endgültig ausreifen. Seit
einiger Zeit war bereits bekannt, daß im Gewebe des Nebenhodens
Estrogenrezeptoren und Estrogen vorkommen. Bislang war jedoch unklar, welche
Rolle das Hormon dort spielt.
Zusammen mit Kollegen konnte Hess nun nachweisen, daß Estrogen eine wichtige
Funktion bei der Rückresorption des Sekretes hat, das ebenfalls von den
Sertolizellen produziert wird. Während bei gesunden Mäusen etwa 90 Prozent
dieser Flüssigkeit rückresorbiert wird, sammelt sie sich bei Knock-out-Mäusen,
denen der alpha-Estrogenrezeptor fehlt, im Nebenhoden und den Wänden der
Samenkanäle an. So steigt dann auch das Hodengewicht der Mäuse erst auf das
doppelte gegenüber gesunden Tieren an und sinkt anschließend - da das Gewebe
atrophiert - deutlich ab. Die geschädigten Hoden sind nicht mehr in der Lage,
ausgereifte Spermienzellen zu produzieren.
Quelle: Hess, R.A., et al, Nature, Vol 390, 4. Dezember 1997
Zusammengestellt von Ulrich Brunner und Daniel Rücker, Eschborn
© 1997 GOVI-Verlag
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