Seidenraupen spinnen Collagen |
30.12.2002 00:00 Uhr |
von Ulrike Wagner, Eschborn
Japanische Wissenschaftler haben Seidenraupen genetisch so verändert, dass sie den menschlichen Hautbestandteil Collagen herstellen. Das Protein lässt sich relativ einfach aus den Kokons isolieren und weiterverarbeiten.
In der Januar-Ausgabe von Nature Biotechnology beschreiben Katsutoshi Yoshizato von der Universität Hiroshima und seine Mitarbeiter eine neue Technologie, Seidenraupen für die Herstellung von fremden Proteinen zu nutzen. Die Tiere geben das Eiweißmolekül – in diesem Fall menschliches Collagen – gleichzeitig mit den eigenen Seidenfäden ab und weben es in ihre Kokons.
Um Seide herzustellen, werden die Puppen durch Erhitzen abgetötet und der Seidenfaden abgespult. Da die Fäden aus reinem Protein bestehen, sollten sich Fremdproteine wie das Collagen relativ einfach und kontaminationsfrei isolieren lassen, war die Hypothese der Wissenschaftler.
Tatsächlich ließ sich das menschliche Protein in Mengen isolieren, die industrielle Ausbeuten von 5 Kilogramm Collagen pro 600 Kilogramm Seidenkokons erhoffen lassen, schreiben die Wissenschaftler. Eine solche Menge an Kokons erzielen bereits relativ kleine Manufakturen mit etwa 300 Quadratmeter Fläche und fünf Arbeitern, die sich um etwa 1,5 Millionen Seidenraupen kümmern. Für viele ärmere Länder könnte diese Technik den Einstieg in die Biotechnologie bedeuten. Denn die Seidenproduktion mit Hilfe des Falters Bombyx mori, der sich vor allem von Maulbeerblättern ernährt, ist in Ländern wie China und Indien, aber auch in Industrienationen wie Japan seit Jahrhunderten etabliert. Zudem lassen sich die Raupen mit relativ einfachen Mitteln und in kurzer Zeit züchten. Letzteres bedeutet einen besonderen Vorteil gegenüber der Produktion menschlicher Proteine zum Beispiel in Säugetieren.
Die menschlichen Proteine aus Seidenraupen bieten einen weiteren Pluspunkt: Sie sind frei von schädlichen Kontaminationen, die bei der Produktion solcher Eiweißmoleküle mit Hilfe von Säugetieren auftreten können. So wird Collagen derzeit vor allem aus Kuhhäuten gewonnen. Allerdings sind Insekten wie die Seidenraupe nicht in der Lage, die menschlichen Proteine mit Modifikationen zu versehen, wie dies in menschlichen Zellen geschieht. Eingesetzt wird Collagen derzeit in vielen Bereichen, von der Kosmetik bis hin zum Tissue-Engineering zur Herstellung künstlicher Haut sowie Wundauflagen.
Quelle: Tomita, H. et al., Transgenic silkworms produce
recombinant human type III procollagen in cocoons, Nature Biotechnology, 21,
52 – 56
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