Miss A und ihr Gartenzwerg |
11.11.2002 00:00 Uhr |
von Ulrike Abel-Wanek, Langenfeld
Die Firma Orthomol in Langenfeld zeigt eine kleine Werkschau des Malers, Grafikers und Illustrators Raymond Come. Seine leuchtend bunten Ölgemälde sowie zahlreiche Lithografien sind noch bis zum 1. Dezember zu sehen. Geladen sind vor allem Apotheker und Ärzte. Der Verkaufserlös kommt dem Verein „Sag’s“ zugute, der sich um missbrauchte Kinder kümmert.
Thematisch ist der Künstler nicht festgelegt. Die großformatigen Ölbilder mit Titeln wie „Ist doch alles nur Blech“, „Manchmal kriegt man die Wut“, „Küsschen bitte“ oder „Miss A und ihr Gartenzwerg“ zeigen seine unverkennbare Nähe zur Pop-Art der 50er- und 60er-Jahre. Die flächigen Porträts, Comicfiguren, Afrika-Motive, aber auch grafischen Elemente wirken auf den ersten Blick fast plakativ, lassen aber schon beim zweiten Hinsehen nicht mehr unberührt. Come verdichtet die intensive Wirkung seiner Bilder mit persönlichen Details und ironischen Zitaten, die sich dem Betrachter nicht auf den ersten Blick erschließen. Aber sie lassen ihm Raum für eigene Interpretationen. „Auch vermitteln uns seine Bildmotive, dass sich die Welt nicht objektiv und ganz erfassen lässt, sondern nur punktuell. In seinen Bildern, Grafiken wie Gemälden stehen die Motive für eine pars-pro-toto-Welt“, beschreibt Kritiker Harald Friesenwinkel Comes Arbeiten in der Ausstellungsbroschüre.
Obwohl kein Auftragskünstler, hat der aus dem Rheinland stammende, aber in Brüssel lebende, ehemals international tätige Werbegrafiker, Modefotograf und Creativ-Direktor die Motive exklusiv für diese Ausstellung geschaffen.
Come, der sein Geburtsjahr mit „vor viel zu langer Zeit geboren“ angibt, machte schon vor 25 Jahren Illustrationen und Werbefilme für die Arzneimittelindustrie. Aus dieser Zeit stammt auch sein Kontakt zu Orthomol-Firmenchef Dr. Kristian Glagau, der die Ausstellung gemeinsam mit seiner Frau Marion initiierte. Die Arbeiten von Come, die schon früh „aus dem Rahmen fielen“ und emotionalisierten, sind auch Gegenstand eines weiteren gemeinsamen Projekts: Der Künstler illustrierte den genauso eindringlichen wie bedrückenden Gedichtband „Phänomen des Lebens“ von Marion Glagau, mit Versen zu Erinnerungen an nicht immer gute Kindertage. In Zeiten knapper Kassen soll der Erlös des Buches den Langenfelder Verein „Sag’s“ bei seiner Arbeit mit missbrauchen Kindern unterstützen. Die hyperrealistischen Schwarzweiß- Zeichnungen sind Teil der Ausstellung.
Nein sagen schützt vor Missbrauch
„Jährlich kommen etwa hundert Kinder zu uns“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle „Sag’s“, Alexandra Schneider. Der vor 11 Jahren gegründete Verein betreut Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis etwa18 Jahre, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Die Nachfrage ist groß, das Einzugsgebiet umfasst neun Städte im Kreis Mettmann. „Sag’s“ ist eine der wenigen Beratungsstellen, die Kinder, die nicht in ihre Umgebung zurück können, in Obhut nehmen. Bis zu sechs Wochen dauert ein Aufenthalt, für den ein Expertenteam bereit steht. Die Psychologinnen, Pädagoginnen und Therapeutinnen arbeiten eng mit Ärzten und Anwälten zusammen. Der Angebotskatalog des Vereins umfasst neben Krisenintervention, Diagnostik, Prozessbegleitung und Beratung im Umgang mit Institutionen auch die Einzelarbeit mit Betroffenen. Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist die Prävention. Für ihre Leistungen auf diesem Gebiet wurde „Sag’s“ Ende 2000 mit dem WDR-Preis „Rechte der Kinder“ ausgezeichnet. In Schulen, Jugendeinrichtungen und auf gut besuchten Elternabenden geben die Mitarbeiterinnen ihre Praxis-Erfahrungen mit sexueller Gewalt weiter. Kinder müssten lernen „nein“ sagen zu dürfen. Aber das funktioniere nur, wenn Erwachsene ihnen das glaubhaft vorleben, so Schneider.
Informationen unter: www.sags-ev.de
Die Ausstellung „Made in Belgium“ ist bis zum 1. Dezember jeweils sonntags von 11 bis 16 Uhr im großen Konferenzraum der Orthomol GmbH, Herzogstraße 30 in Langenfeld zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.
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