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Kunst, Krankheit und die Lust auf Leben

01.10.2001  00:00 Uhr
KÜNSTLER TREFFEN PATIENTEN

Kunst, Krankheit und die Lust auf Leben

von Ulrike Abel-Wanek, Berlin

Acht schwerkranke Patienten trafen im März dieses Jahres auf sechs Berliner Künstler und erzählten: von sich, der Krankheit, die ihr Leben veränderte, ihren Ängsten vor dem Tod, aber auch von Hoffnungen und neuem Lebensmut. Aus dieser Begegnung in die Grenzbereiche menschlicher Existenz entstanden Bilder, die erstmals am 25. September in den Hacke'schen Höfen in Berlin zu sehen waren.

Das Kunstprojekt "Convergence- Annäherung: Patients, Artists, Innovaters" wurde initiiert vom Gesundheitsforum Medizinprodukte und Innovation (GMI), einem Zusammenschluss führender Fachärzte und Wissenschaftler, die sich für eine bessere Patientenversorgung mit Medizinprodukten einsetzen. Die ungewöhnliche "Annäherung" von Künstlern und Patienten soll, neben zahlreichen weiteren Projekten, dazu beitragen, mehr Öffentlichkeit und neue Kommunikationswege zu schaffen. Unterstützt wird die Kampagne von nationalen und internationalen Medizintechnologieverbänden wie BVMed, VDGH, Advamed, Eucomed und EDMA.

Nach Meinung der Fachleute beim GMI spare das Gesundheitswesen am falschen Ende. Innovative Medizinprodukte und -technologien seien zwar teurer, die Befindlichkeit schwerkranker Patienten verbessere sich jedoch mit ihrer Unterstützung zum Teil ganz erheblich. Dadurch spare man letztendlich wieder Kosten ein.

James Chaney erlitt 1987 einen Herzinfarkt. Anschließend bildete sich ein Aneurysma an der rechten Aorta, das entfernt wurde. Gleichzeitig legten die Ärzte im Deutschen Herzzentrum Berlin einen Bypass. 1996 folgten plötzlicher Herzstillstand und ein einwöchiges Koma. Chaney erhielt einen implantierbaren Cardioverter Defibrillator (ICD) und erholte sich mit unterstützenden Herzmedikamenten langsam aber stetig. "Dank des ICDs muss ich nur einen Bruchteil der herzstabilisierenden Medikamente einnehmen. Das bedeutet für mich: sehr viel weniger Nebenwirkungen und damit verbunden eine deutlich gesteigerte Lebensqualität", so Chaney.

Die acht Patienten leiden an ganz unterschiedlichen Erkrankungen wie Herzklappen- und Herzmuskelschwäche, bösartigen Tumoren oder Morbus Parkinson. Klaus Müller lebt seit einem Jahr mit einem so genannten Lion Heart, einer künstlichen Herzpumpe. Gisela Scheelen bewahrte das rasche Einsetzen von weichen Platinspiralen, so genannten GDCs, nach einer Gehirnblutung vor einer Schwerstbehinderung.

Konfrontation im Spannungsfeld

Für Künstler ist die Auseinandersetzung mit dem Prozess von Werden und Vergehen, von Leben und Tod kein neues Thema. Neu bei diesem Projekt war jedoch die persönliche Begegnung mit Menschen, die mit schweren Beeinträchtigungen leben müssen, das heißt die unmittelbare Konfrontation in einem Spannungsfeld aus Krankheit, Angstgefühlen, aber auch Hoffnung und Mut.

Lebensläufe und Videos über die unterschiedlichen Krankheitsbilder bereiteten die Teilnehmer auf das Treffen vor. Einen ganzen Tag lang wurden im Rahmen eines Workshops Gespräche über den gesundheitlichen und auch seelischen Zustand der Patienten geführt, auf beiden Seiten mit großer Vorsicht und Sensibilität, schließlich aber auch mit Begeisterung darüber, den anderen zu verstehen, verstanden zu werden und dazu zu lernen. Aus dieser emotionalen Erfahrung schufen Elvira Bach, Rolf Behm, Jean-Yves Klein, Ina Lindemann, Andrea Sunder-Plassmann und Robert Weber schließlich ganz unterschiedliche Kunstwerke. Sie reagierten damit auf die Themen Krankheit, (Über-) Leben, Hoffnung und Tod sowie auf Einblicke in neuzeitliche Methoden der Medizin.

Großformatige Motive aus der Computertomographie mit Abbildungen von Schädeln, die wie Röntgenbilder anmuten dominieren auf den Ölbildern von Robert Weber. Ina Lindemann und Rolf Behm setzten die energiegeladene Atmosphäre in geballte Farbigkeit um. Ihre Bilder sind jedoch mehr als nur Farbe und Form. Die Kompositionen sind voll Spannung, der Betrachter spürt, hier geht es ums Ganze, um die menschliche Existenz. Ganz anders die Umsetzung bei Yves Klein: Fast zeichenhaft verkürzt ist seine Sprache. Gitterformen vor dunkel leuchtendem Hintergrund lassen das Bild wie ein Fenster erscheinen. Es macht den Eindruck, als zeige es den Weg in die Freiheit.

Technik - brutal und lebensrettend zugleich

"Was passiert im Gehirn bei einem technischen Eingriff? ..... Bewirkt das auch eine Manipulation des Wesens, der Seele will ich nicht sagen, aber des Geschöpfes Mensch? .... Wo hört der Mensch auf zu sein, wo sind die Grenzen der Manipulation erreicht und so weiter...", fasst Robert Weber seine Gedanken zusammen auf die Frage nach den Auswirkungen dieser Gespräche auf seine Arbeit. Jean-Yves Klein empfindet die Anwesenheit der Technik einerseits als "brutal, andererseits rettet sie Leben".

Aus Sicht der Patienten kann das Kunstprojekt die Angst vor medizintechnischen Eingriffen nehmen und neugierig machen. Neugierig auf die Erfahrung, dass sich das Leben schwerkranker Menschen auch zum Positiven verändern kann. "Nach dem Motto: Schaut her, man ist nicht verloren mit einem Defekt, nein, ganz und gar nicht, man kann sogar kreativ sein und intensiv damit leben und trotz allem glücklich sein. Möge das das Kunstprojekt vermitteln", so Chaney.

 

Ausstellung

Öffnungszeiten der Ausstellung "Convergence-Annäherung: Patients, Artists, Innovators" in 10178 Berlin, Hacke'sche Höfe, Rosenthaler Straße 40/41, vom 27. September bis 9. Oktober: Montag bis Freitag, 14 bis 20 Uhr; Samstag und Sonntag, 11 bis 20 Uhr. Der Ausstellungskatalog ist zu einem Preis von 20 DM erhältlich.

Begleitend zur Ausstellung ist eine Sonderedition mit Drucken der Künstler in einer Auflage von 100 nummerierten und signierten Exemplaren erschienen. Nähere Informationen bei: Galerie Cornelissen, Adolfsallee 12, 65185 Wiesbaden, Telefon (06 11) 3 41 93 60.

 

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