Pharmazeutische Zeitung online

Keine Angst vor Zahlen

05.09.2005  00:00 Uhr
Mathematikum

Keine Angst vor Zahlen

von Ulrike Abel-Wanek, Gießen

Lautes Lachen, ein fliegender Ball und fröhliche, hin und her laufende Kinder, empfangen den Besucher im weltweit ersten mathematischen Mitmach-Museum. Allen Mathe-Muffeln zum Trotz: Rechnen und Knobeln mit Zahlen kann Spaß machen. Der Museumsgründer Professor Dr. Albrecht Beutelspacher ist sicher: Das viel gehasste Schulfach umfasst mehr als öde Zahlenkolonnen.

Die Abiturienten Kati und David tüfteln an einem raffinierten Lichterkreis. Mal brennen drei, mal fünf kleine blaue Lämpchen, aber nur wenn sie die Schalter in einer bestimmten Reihenfolge drücken, brennen am Ende alle Lampen gleichzeitig. Hier braucht man Grips statt Glück, um das Schaltprinzip zu durchschauen, allein mit Ausprobieren kommt man nicht zum Ziel.

Wie bei vielen Besuchern im Museum stellt sich der Erfolg auch bei den beiden Jugendlichen ganz schnell ein. Das Geheimnis ist der sinnlich-erlebbare Zugang zu einem abstrakten Fach. Unter dem Motto »Spielen statt pauken« belehrt das Gießener Mitmach-Museum seine jungen und älteren Besucher nicht und fragt keine Formeln ab. Hier wird eine vermeintlich trockene Sache zum Abenteuer.

Wer in der begehbaren Riesenseifenblase steht, die sich in der Mitte zusammenzieht und dann platzt, muss nichts über den mathematischen Hintergrund, die so genannten Minimalflächen, wissen. In der »Seifenblasendusche« zu stehen macht auch einfach Spaß. Dennoch überrascht es viele und regt zum Nachdenken an, dass hinter der schillernden riesigen Blase Mathematik stecken kann: Für die komplizierte Berechnung des geschwungenen Daches des Münchner Olympiastadions führten die Architekten beispielsweise zunächst Seifenhautexperimente durch.

Es gibt kein Lösungsbuch im Museum und keine langen Erklärungen. Die Hinweise auf den Wandtafeln sind meistens kurz und knapp. Im Mathematikum ist der Besucher aktiv, kein respektvoller Betrachter.

Die Exponate leben alleine durch Anfassen und Ausprobieren. Mathematik mit Händen und Füßen: beim Kreisabschreiten der unendlichen Zahl Pi, beim Puzzeln, Holzkugeln um die Wette laufen lassen oder Brücken bauen. Beispiel Leonardo-Brücke: Ohne Schrauben, Schnüre oder Klebstoff, nur durch das Ineinanderstecken von Holzbrettern verschiedener Längen gelingt das beeindruckende, selbsttragende Werk, das auf das Renaissance-Genie Leonardo da Vinci zurückgeht.

Ein weiteres, nicht museumstypisches Phänomen: Kommunikation. Wildfremde Menschen kommen ins Gespräch, unterhalten sich über Tetraeder und Ikosaeder (Polyeder mit 20 gleichseitigen Dreiecken; viele Viren, darunter HIV, haben eine ikosaedrische Form) und schauen sich an den Knobeltischen über die Schulter. Schlauberger geben den weniger Schnellen auch schon mal einen Tipp, wie aus vier unterschiedlichen Holzteilen schließlich doch ein »T« gelegt werden kann.

Spielen bewegt den Kopf

Was im Mathematik-Museum erlebt wird, bleibt viel länger im Kopf als jeder Unterrichtsstoff in der Schule. Im Gegensatz zum dort häufig wenig motivierenden Lernklima steht in Gießen der spielerische Aspekt des Lernens im Vordergrund. Entscheidend ist, dass die Besucher bei allen Experimenten und Tüfteleien automatisch über den mathematischen Hintergrund nachdenken.

Schon beim Ausprobieren bewegt sich erstaunlich viel in den grauen Zellen. Spielen ist das eine, die Reflexion über das Wie und Warum das andere ­ hier geht niemand ohne einen »Aha-Effekt« hinaus. Und sei es das Wissen darum, wie man einen Sechser im Lotto berechnet. Knapp 14 Millionen Tippreihen müsste man abgeben, um garantiert sechs Richtige zu haben. Jede Reihe hat die verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit von 0,000007 Prozent auf einen Hauptgewinn.

Mathematik kann Massen bewegen. 2004 passierten fast 160.000 Besucher die Pforten des Museums, je zur Hälfte etwa Privatpersonen und Schülergruppen. Das Mathematikum, das sich aus einer Wanderausstellung entwickelte, die Beutelspacher und sein Team 1994 initiierten, ist ein Publikumsmagnet.

Außer der sich weiter vergrößernden Ausstellung, zurzeit etwa 100 Exponate, hat sich der Mathematik-Professor weitere Publikums-Attraktionen einfallen lassen. Wissenschaftstage zu den Themen Astronomie oder Einstein fanden ebenso große Resonanz wie die Verbindung von Mathematik und Kunst. Eine James-Rizzi-Ausstellung 2004 lockte rund 17.000 Besucher ins Haus der Zahlen, viele fanden durch die Bilderausstellung erstmals den Weg dorthin. In diesem Jahr ziehen vom 10. September bis 9. Oktober Janoschs Figuren im Mathematikum ein: Tiger und Bär, Tigerente, Frosch und viele andere mehr. Der Zeichner und Schriftsteller Horst Eckert ­ bekannt als Janosch ­ wird die Ausstellung mit 100 Aquarellen und Farbradierungen eröffnen. Anhand von Originalzeichnungen können Besucher den Weg von der Idee bis zum Buch nachvollziehen. Eine drei Meter hohe Tigerente wirbt seit Juli vor dem Museum für die Schau.

 

Mathematikum Gießen
Liebigstraße 8
35390 Gießen
Telefon (06 41) 9 69 79 70
Fax: 97 26 94 20
www.mathematikum.de

  Top

© 2005 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa