Abgrenzung fällt immer noch schwer |
02.10.2000 00:00 Uhr |
Die Grenzen zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten gehen heute fließend ineinander über. Wenn der Markt der krankheitsheilenden Mitteln noch unangefochten den Arzneimitteln vorbehalten ist, so tummeln sich unter den vorbeugenden- beziehungsweise Krankheitsrisiko-mindernden Mitteln heute immer mehr Zwitterprodukte aus der Functional-Food- und Health-Care-Industrie. Die Abgrenzung zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimittel fällt nicht nur Apothekern schwer. Selbst für Fachkreise sei das Feld nur schwer zu überblicken, sagte Dr. Dagmar Walluf-Blume im Forum des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI).
Für Probleme sorge nicht zuletzt der ungeklärte Rechtsstatus der Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Nach allgemeiner Verkehrsauffassung werden NEM als Lebensmittel eingestuft. Damit sollen sie nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG §1) überwiegend zum Genuss und zur Ernährung dienen. Arzneimittel sind dagegen nach §2 AMG hauptsächlich zur Heilung und Verhütung von Krankheiten bestimmt, sowie zur Diagnostik von Körperfunktionen und zum Ersatz körpereigener Substanzen. Eine zwar gesetzlich noch nicht verankerte, doch von der Rechtsprechung weitläufig anerkannte Definition für Nahrungsergänzungsmittel stamme aus einer Pressemitteilung des BgVV aus dem Jahr 1999: Danach sind NEM Lebensmittel, die einen oder mehrere Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten und eine lebensmitteluntypische Form (Tabletten, Kapseln, Granulat) aufweisen. Sie sollen im Unterschied zu anderen Lebensmitteln ausschließlich der Ernährungsergänzung, nicht aber der Energieversorgung dienen.
Auf Grund der Gefahr einer möglichen Irreführung dürfen NEM keine arzneimittel-typischen Elemente in der Kennzeichnung und Werbung enthalten: Nicht erlaubt sind Formulierungen, wie forte, einnehmen (statt dessen verzehren) oder Gebrauchsinformation (stattdessen Ernährungshinweise). Auch dürfe das Vertriebsunternehmen nach §18 LMBG keine Aussagen zur Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten machen sowie Hinweise auf ärztliche Empfehlungen oder Gutachten geben.
Als typische Nahrungsergänzungsmittel bezeichnete Walluf-Blume die Stoffklasse der Vitamine, Mineralien und Spurenelemente sowie Aminosäuren und essentielle Fettsäuren. Ebenfalls typisch seien Naturstoffe aus der Gruppe der sekundären Pflanzeninhaltstoffe, wie Phytosterine, Bioflavonoide, Saponine, Polyphenole und Phytoestrogene. Auch Fisch-, Borretsch- und Nachtkerzenöl sowie organische und anorganische Naturstoffe (Algen, Kieselerde und Bentonit) würden unter den Begriff fallen. Unklarer sei die Abgrenzung von Stoffen, die vom menschlichen Körper selbst erzeugt werden, sagte Walluf-Blume. Melatonin zum Beispiel sei in Deutschland als Arzneimittel eingestuft, Lecithin und Carnithin dagegen als Nahrungsergänzungsmittel.
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