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Widersprüche

08.10.2001  00:00 Uhr

Widersprüche

Vor gut zwei Wochen präsentierte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt nach einem Gespräch mit den Krankenkassen, den Gewerkschaften und Arbeitgebern ihre Vorschläge zur Kostensenkung der Arzneimittelausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Einmal mehr soll damit die Arzneimitteltherapie dem Diktat des Sparens unterworfen werden, obwohl sie zu den effizientesten Therapie-Arten gehört. Einmal mehr wird dabei unterstellt, dass das Arzneimittel lediglich eine Ware wie jede andere sei. Somit sei auch nur für seinen sächlichen Wert ein finanzieller Gegenwert zu entrichten, der im übrigen viel zu hoch sei.

Die immateriellen Leistungen, die auf allen Ebenen des Arzneimittelweges von der Entwicklung bis hin zur Abgabe in der Apotheke, erbracht werden, werden offensichtlich nicht wahrgenommen - und sollen wohl schon gar nicht honoriert werden. Es kommt schon einer tibetanischen Gebetsmühle gleich, wenn Apotheker beispielhaft die stichprobenhafte Untersuchung der Fertigarzneimittel, die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung rund um die Uhr durch Nacht- und Notdienste sowie die Information und Beratung über Arzneimittel aufführen.

Es ist schon widersprüchlich, dass der Staat einerseits gerade die Information und Beratung über Arzneimittel aus Gründen der Arzneimittelsicherheit als so wichtig erachtet hat, um sie auch rechtlich in der Apothekenbetriebsordnung zu verankern, andererseits aber den Versandhandel mit Arzneimitteln zulassen will. Wurde doch auch von demselben Staat nach dem BSE-Skandal und dem Rückruf Cerivastatin-haltiger Arzneimittel vom Markt die Erhöhung der Sicherheitsstandards angekündigt.

Es kann dabei aber wohl nicht nur darum gehen, dass das Arzneimittel sicher den Patienten erreicht. Nicht zuletzt angesichts der immer komplexeren Arzneimitteltherapie muss es vielmehr darum gehen, die Arzneimittelanwendung so sicher und effektiv wie möglich zu gestalten. Und diese apothekerlichen Leistungen, die mit dem Begriff Klinische Pharmazie umschrieben werden, bedeuten im Übrigen mehr als die rechtlich verankerte Verpflichtung zur Information und Beratung.

All dies kann der Versandhändler allein schon auf Grund der räumlichen Distanz zum Patienten nicht leisten. Sehr wohl kann es jedoch der Apotheker am Ort auf Grund seiner Fachkompetenz, des persönlichen Kontakts sowie des Vertrauensverhältnisses des Patienten zu ihm als Heilberufler.

Mit der am 1. Oktober in Kraft getretenen Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker wird die Klinische Pharmazie nicht nur Ausbildungsinhalt für die angehende Apothekergeneration, sondern auch eigenständiges Prüfungsfach des zweiten Ausbildungsabschnitts. Dies belegt nicht nur, dass die Klinische Pharmazie eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin im Fächerkanon der pharmazeutischen Wissenschaften ist, sondern auch und insbesondere den Paradigmenwechsels des Berufsbilds Apotheker - neben dem Apotheker als Fachmann für Arzneimittel auch der Apotheker als Arzneimittelfachmann für Patienten. Das Engagement der Apotheker in der Pharmazeutischen Betreuung chronisch Kranker belegt diese Entwicklung des Berufsbilds sehr deutlich.

Wenn es denn der Politik ernst ist mit der Erhöhung der Sicherheitsstandards auch in der Arzneimittelversorgung, dann ist der Versandhandel mit Arzneimitteln ganz sicher nicht der richtige Weg. Abgesehen davon, dass die Apotheke hier einen unbestritten hohen Standard gewährleistet, bietet sie darüber hinaus die klinisch-pharmazeutischen Leistungen, die maßgeblich zum Ziel jeder Arzneimittel-Anwendung beitragen - der Verbesserung oder dem Erhalt der Gesundheit des Patienten. Diesem kann sich auch die Politik nicht verschließen. Sie muss dann aber dafür Sorge tragen, dass den Apotheken nicht die wirtschaftliche Basis für diese Leistungen entzogen wird. Im Übrigen - wieso sollte es nicht möglich sein, bestimmte Leistungen des Apothekers gesondert zu honorieren?

Dr. Christiane Eckert-Lill
Geschäftsführerin Pharmazie
der ABDA - Bundesvereinigung
Deutscher Apothekerverbände
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