Olympisch |
18.09.2000 00:00 Uhr |
Die PTA einer Apotheke im hohen Norden hatte ihre Mühe mit dem fragenden Kunden. Von den Röhrchen mit Brausetabletten riet sie ab und verwies auf eine große (und teure) Dose mit der Aufschrift "Sportlerernährung". Nach einer Belehrung über die Fortschrittlichkeit der Amerikaner beim Vitaminkonsum kaufte der Kunde ein Röhrchen Magnesium-Brausetabletten. "Das sind die Besten", ließ die PTA wissen.
Wenn Marketingexperten den Apothekerinnen und Apothekern raten, auf der Suche nach neuen Kundengruppen besonders die Gesunden ins Auge zu fassen, dann ist dies ein durchaus sinnvolles, kaufmännisches Kalkül. Doch mit der Zielfixierung alleine ist es nicht getan.
Frei nach dem Motto "Wo Gutes drauf steht, ist auch Gutes drin" funktioniert die Kundenansprache nicht. Im Titelbeitrag von PZ-Autorin Elke Wolf wird dies deutlich. Und im Bereich der durchaus sinnvollen Sportlerernährung muss nicht alles empfohlen, schon längst nicht alles verkauft und bloß nicht alles eingenommen werden. Gerade sportlich aktive Menschen haben einen hohen Anspruch an eine spezifische und gesunde Ernährung.
Mit der reinen Produktempfehlung ist es nicht getan. Die gesamte Ernährung muss mitunter abgestimmt werden auf die Sportart und auf die Leistungsintensität, mit der der Einzelne seinen Sport betreibt. Jenseits von Traubenzucker, Magnesium und Calcium gibt es vieles, was Sportlerinnen und Sportler benötigen. Für die meisten Amateure gilt: Der größte Bedarf besteht bei der Beratung. Eine echte Nische für die Apotheke.
Bestes Beispiel ist eine Apothekerin aus Frankfurt-Bornheim, die mit mir vor einem Marathonlauf - auf die Suche nach einem geeigneten Pflaster zum Schutz der "Problemzone Brustwarzen" ging und fündig wurde. Im Vorfeld des Frankfurter Marathons kann sie nun vielleicht von den Antworten und Erfahrungen, die sich aus ihren gezielt gestellten Fragen ergaben, profitieren. Und sie hat ganz nebenbei einen neuen Stammkunden gewonnen.
Profis haben ganz andere Probleme. Auf die Minute wollen und müssen sie fit sein, für den einen, den größten Moment im Sportlerleben die Olympischen Spiele. Wir erleben es täglich live oder in Aufzeichnungen - die glücklichen und traurigen Momente dieser Frauen und Männer. Dabei sein ist dann doch nicht alles.
Einige versuchen, ihr Leistungsvermögen durch Doping zu verbessern. Der Fall Ben Johnson war seinerzeit die Initialzündung der olympischen Dopingdiskussion, in Deutschland machte zuletzt Dieter Baumann Schlagzeilen. Gegründet wurde eine Welt-Dopingagentur, um die Missstände in den Griff zu bekommen. Geschehen ist nicht allzu viel.
In Sydney kann nun EPO nachgewiesen werden. Aber die dopenden Sportler sind längst auf andere Mittelchen umgestiegen. Im Ressort Pharmazie informiert Sie die PZ über die medizinische Betreuung der Sportler in Australien und über aktuelle Fragen des Dopings.
Amateure und Profis müssen sich mit ihren Dealern nicht mehr in dunklen Ecken treffen, um an ihre Mittel zu gelangen. Das Internet öffnet dem Vertrieb Tür und Tor. Ist das kriminell?
Die Betriebskrankenkassen sehen im Internet aus Kostengründen die Zukunft des Arzneimittelhandels. Das Abwägen von Kosten und Leistung, und dazu zählt neben dem Arzneimittel auch die kompetente Beratung, ist BKK-Boss Schmeinck nicht in den Sinn gekommen.
Schmeincks Vision sieht vielleicht so aus: Irgendwann beraten Apothekerinnen und
Apotheker Sportlerinnen und Sportler in Fragen der Ernährung, während teure und
lebenswichtige und bei falscher Anwendung gefährliche Medikamente virtuell
vertickt werden. Die virtuelle BKK mit virtuellen Gesunden, virtuellen Kranken, virtuellen
Medikamenten und über allem dem virtuellen Gedanken "Dabei sein ist alles"
auch wenn es keinen Sinn ergibt.
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