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Gen-Doping

02.08.2004  00:00 Uhr

Gen-Doping

Dürften an den Olympischen Spielen Rinder teilnehmen, wäre die Favoritenfrage in den Kraftdisziplinen leicht geklärt: Unangefochtene Spitzenreiter wären die Schwarzenegger-Pendants der Rassen „Weiß-blaue Belgier“ und „Piemonteser“. Beide besitzen nämlich auf Grund eines Gen-Defekts im Myostatin-Gen gigantische Muskelpakete.

Myostatin ist der physiologische Gegenspieler des Insulin-like Growth Factor IGF-1 und hemmt das Muskelwachstum. Seit kurzem weiß man, dass ein Defekt in diesem Gen auch beim Menschen zu Muskelpaketen führt. So berichteten deutsche und amerikanische Forscher im Fachmagazin New England Journal of Medicine von einem Säugling, der mit übermäßig entwickelter Arm- und Beinmuskulatur auf die Welt kam. Die Wissenschaftler entdeckten, dass beide ererbte Kopien des Myostatin-Gens bei diesem Kind eine Mutation aufwiesen. Heute ist der kleine Herkules knapp fünf Jahre alt, bislang kerngesund und kann mit ausgestreckten Ärmchen zwei Drei-Kilo-Hanteln halten.

Diese Erkenntnis wird vor allem in der Body-Building-Szene die Phantasie beflügeln – sofern dies bei den bekannten psychotropen Nebenwirkungen der Anabolika noch möglich ist. Ist es doch durchaus eine reizvolle Vorstellung, Muskelkraft und Ausdauer anstatt durch quälende Trainingseinheiten mittels gentherapeutischer Maßnahmen zu steigern. Und zudem hätte die seltsam gehäufte Aknebildung und das Tragen von Zahnspangen bei Leistungssportlern ein Ende.

Beim Gen-Doping, so die Idee, werden synthetische Gene mit Hilfe von Genfähren in Muskelzellen eingebaut. Dort sollen sie ihre Wirkung entfalten und den Muskelaufbau beschleunigen. Einfacher, billiger und bereits am Tier realisiert ist die Blockade der Myostatin-Wirkung. Auf der Suche nach Therapien gegen Muskelschwund injizierten Forscher in Mäusemuskeln spezielle Antikörper oder kleine RNA-Moleküle (small interfering RNA), die die wachstumshemmende Wirkung des Myostatins verhindern und produzierten so vierbeinige Muskelpakete. Laut Experten hat diese Methode kaum gesundheitliche Risiken. Insofern dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie Einzug in den Leistungssport hält.

Gen-Doping ist für Experten längst keine Zukunftsmusik mehr. So hat es die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA auch vorsorglich auf die aktualisierte Verbotsliste gesetzt. Zwar dürfte genetisches Doping für die Olympischen Spiele in Athen noch kein Thema sein, aber laut Schätzungen besteht bereits für Peking in vier Jahren ein dringender Handlungsbedarf seitens der Dopingfahnder.

Die Kontrolllabore stehen auch schon in den Startlöchern: Ist die genmanipulierte Zukunft des Spitzensports erst mal angebrochen, sind Urinproben nutzlos. Im Kölner Kompetenzzentrum für präventive Dopingforschung wird bereits fieberhaft an einem Bluttest auf Gen-Doping gearbeitet. Die Forscher hoffen, Veränderungen in den Genen an Verschiebungen im Proteinprofil des Plasmas erkennen zu können. Ebenso könnten auch Gewebeproben Hinweise liefern.

Falls alle Stricke reißen, könnte es in Peking so ablaufen wie heute schon bei der World Natural Body Building Federation: Dort müssen sich die Teilnehmer bei Wettkämpfen vor dem Start neben einem Urintest einem „Lügendetektortest“ unterziehen, der beweisen soll, dass sie keine Dopingmittel eingenommen haben. Kritiker des Verfahrens weisen jedoch auf die hohe Fehlerquote hin. Insofern bleibt selbst hier die Frage offen, wer da wen – oder am Ende sich selbst – hereinlegt.

Dr. Kerstin A. Gräfe
Redakteurin Pharmazie
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