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Die Macht

09.07.2001  00:00 Uhr

Die Macht

von Thomas Bellartz, Chef vom Dienst

Wer hat die Macht? Eine Frage, die die meisten Leistungserbringer im Gesundheitswesen schmallippig und doch eindeutig beantworten werden: die Krankenkassen. Die Leistungsempfänger sehen das nicht anders: Die Macht haben die Kassen. Und wie ein Schatzmeister wachen sie über die Mittel, die ihnen von den Versicherten zufließen, vielleicht sogar anvertraut werden. Ein schönes Bild. Nur nicht ganz real.

Real ist vielmehr, dass die Krankenkassen mitunter den Eindruck erwecken, nicht nur ihre Macht, sondern auch die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel zu missbrauchen oder zweckzuentfremden.

Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Johannes M. Metzger, hat am Wochenende zu Recht das Florett gezogen und im Beisein des Bayerischen Gesundheitsstaatsministers, von Bundestagsabgeordneten, Ministerialen und auch Kassenvertretern die Probleme beim Namen genannt.

Während die Kassen ihre Beiträge, wie Ölkonzerne ihre Spritpreise, erhöhen, steigen fortlaufend deren Verwaltungsausgaben. Während Krankenkassen auf Kinoleinwänden, in Fernsehspots, auf Techno-Partys und in Fußgängerzonen um neue Mitglieder buhlen, sollen Leistungserbringer Kürzungen hinnehmen, soll Qualität dem Rotstift zum Opfer fallen. Während die großen Kassen Wettbewerb im gesamten Gesundheitssystem fordern, sollen die eigenen Pfründe gesichert und die Beitragszahler in die Bleibepflicht genommen werden.

Der BAK-Präsident legt den Finger bewusst in die Wunde, bemüht sich um eine offensive Haltung gegenüber den Kassen. Zu Recht. Wieso dürfen Krankenkassen fortlaufend Patienten ermutigen, bei Internetversendern Arzneimittel zu bestellen? Warum beugen Krankenkassen geltendes Recht? Weshalb opfern Krankenkassen Qualität und Arzneimittelsicherheit auf dem Altar unbewiesener Kosten-Nutzen-Abwägungen?

Auf dem bayerischen Apothekertag machte auch Gerhard Reichert, Vorsitzender des Bayerischen Landesapothekerverbandes, keinen Hehl daraus, dass man dem Treiben der Kassen nun auch mit juristischen Mitteln Einhalt gebieten werde. Bei nächster Gelegenheit.

Die Kassen haben die Macht. Apothekerinnen und Apotheker spüren die damit einhergehende Willkür regelmäßig am eigenen Leib - Stichwort Retaxationen. An der oftmals mit dem Machtbewusstsein einhergehenden selbstverliebten Arroganz wird sich nichts ändern. Die Frage stellt sich, ob es überhaupt ein geeignetes Kontrollorgan gibt, um den riesigen Verwaltungsapparat Krankenkasse zu bändigen. CSU-Gesundheitsexperte Wolfgang Zöllner beklagte bei einer BAH-Veranstaltung in Berlin die uneingeschränkte Macht der Kassen - auch gegenüber der Politik. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wird von den Kassen scharf attackiert, weil sie alle Marktbeteiligten an einen Tisch holte. Sie wollte zunächst wissen, welche Interessen vertreten werden und warum. Den Kassen passt das nicht. Schließlich gehören demokratische Prozesse und ein föderales Grundverständnis nicht zum absolutistischen Weltbild. Da scheint die Beitragserhöhung das geeignete Mittel zu sein, um den langfristig durchaus möglichen Konsens aller Marktbeteiligten ins Wanken zu bringen.

Als Folge dieses mächtigen Druckmittels ist die aktuelle Gesundheitspolitik mit sich selbst beschäftigt, findet keine Ruhe und kaum die Gelassenheit für weitere Gespräche und die dringend nötigen Diskussionen. Der Wahlkampf kommt den Krankenkassen sicher nicht ganz ungelegen. Über alle und alles wird gesprochen werden: über Apotheken, Ärzte, Krankenhäuser und vieles mehr. Aber die Krankenkassen bleiben außen vor. Sie zählen nicht zu den Gejagten, sondern verstehen sich als Jäger.

Sie präsentieren sich zurzeit machtbewusst als die Verwalter der ihnen anvertrauten Versichertenbeiträge. Doch jenseits des reinen Verwaltens gibt es erheblichen Erklärungsbedarf. Forderungen nach der Einführung von Versandhandel, nach Budgets und vielem mehr können den mangelnden Veränderungswillen der großen Kassen nicht kaschieren. Die bürokratischen Betonköpfe beharren auf ihren Positionen, wollen Bestehendes verteidigen. Schwer fällt ihnen das nicht, denn sie haben die Macht.

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