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Mehr Verantwortung

28.06.2004  00:00 Uhr

Mehr Verantwortung

Egal wie man die Sinnhaftigkeit der im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) verankerten Ausgrenzung von nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus der Gesetzlichen Krankenversicherung beurteilt, eines steht fest: Die Verantwortung der Apothekerin und des Apothekers ist bei der Abgabe dieser Arzneimittel größer geworden. Dies wurde auch auf dem Kongress der PZ-Akademie am vergangenen Wochenende in Eschborn deutlich.

Insbesondere bei der in drei Vorträgen bearbeiteten Indikation Venenerkrankungen sind viele Fertigarzneimittel, die bisher in der „Feder“ des Arztes waren, nicht mehr erstattungsfähig. Manche Kritiker dieser Präparate wollen uns einreden, „Phytopharmakon“ sei ein Synonym für wirkungslos und unnütz. Doch viele Studien, die auf dem Kongress vorgestellt wurden, und vor dem Hintergrund einer „evidence based medicine“ akzeptiert werden, belegen das Gegenteil. Dennoch sind Venenerkrankungen durch das GMG zu einer Indikation der Selbstmedikation geworden.

Für Apothekerinnen und Apotheker bedeutet dies, sich im Sinne ihrer Patienten über die aktuellen Erkenntnisse zum Verlauf einer chronischen venösen Insuffizienz und über den Einsatz entsprechender Therapeutika zu informieren. In welchem Stadium werden welche Mittel eingesetzt? Welche Möglichkeiten zur Prophylaxe gibt es? Welche Kompressionstherapie ist angezeigt? Und welche Empfehlungen gebe ich als Apotheker meinen Kunden für lange Bus- und Flugreisen?

Die Beratung bei der Abgabe dieser vom Gesetzgeber diskriminierten Mittel ist auch deshalb besonders wichtig, da sie keinen Soforterfolg garantieren, sondern erst die mehrwöchige Anwendung über die verbesserte Venentätigkeit zur gewünschten Ausschwemmung der Ödeme führt. Das bedeutet, dass der Patient erst durch eine kompetente Aufklärung eine ausreichende Compliance entwickeln wird. Und diese Aufklärung muss in der Apotheke erfolgen. Denn eine optimale patientenbezogene Arzneimittelversorgung kann nur im direkten Kontakt mit dem Patienten erfolgen. Das kann kein Versandhandel und kein Call-Center leisten. Diese Erkenntnis, die mehr Verantwortung für die Apothekerinnen und Apotheker bedeutet, gilt im übrigen auch für das Krankenhaus, wie es der neue Präsident des Verbandes der Krankenhausapotheker ADKA im Interview mit der PZ betont. Insofern sind die Herausforderungen, denen sich die Apotheker in verschiedenen Berufsfeldern stellen müssen, durchaus ähnlich.

Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur

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