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Wenig Hoffnung

26.05.2003  00:00 Uhr

Wenig Hoffnung

Wunder sind selten, manchmal geschehen sie aber dennoch. In den vergangenen Tagen wäre beinahe eins geschehen. Aber eben nur beinahe. Jetzt bleibt doch alles beim Alten: Die Apotheker werden wohl weiterhin rund 80 Prozent des Großhandelszwangsrabattes tragen müssen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sich wieder einmal durchgesetzt (Lesen Sie dazu: "Verhärtete Fronten...").

Die Apotheker sind damit Leidtragende eines vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung verursachten Konfliktes mit der SPD-Fraktion. Im Herbst hatte das Ministerium die SPD-Abgeordneten offensichtlich im Unklaren darüber gelassen, dass der Großhandel seinen Zwangsrabatt aus dem Beitragssatzsicherungsgesetz auf die Apotheker abwälzen werde. Einige Sozialdemokraten hatten zwar Bedenken, stimmten aber dann doch dem ungerechten Gesetz zu.

Damit war der Konflikt programmiert, der sich vergangene Woche verschärfte und nach einem Treffen zwischen SPD-Abgeordneten und Ministerin in einer Pressemeldung von Eike Hovermann gipfelte: Der Großhandelsrabatt werde zum Juli gestrichen. Fast hätten sich die Apotheker schon gefreut, da folgte der Ministerin Dementi. Der Rabatt bleibe ohne Frage bestehen.

So ärgerlich dies ist, im Grunde hatte Schmidt keine Alternative. Sie hatte die Abgeordneten während des Gesetzgebungsverfahrens im Herbst nicht korrekt informiert. Ein Nachgeben gegenüber den Parlamentariern käme einem Schuldeingeständnis gleich. Sie würde damit zugeben, dass das Gesetz fehlerhaft ist und dass ihre Behauptung, der Großhandel trage seinen Anteil am Gesetz, nicht eingetreten ist. Es hätte ihre Position wohl nicht verbessert. Rücksicht auf die ungeliebten Apotheker zu nehmen, hätte sie einen viel zu hohen Preis gekostet.

Bleibt jetzt noch Hoffnung, dass der Großhandelsrabatt doch noch gestrichen wird? Ich denke nein. Die vergangenen Monate haben zwar gezeigt, dass die unermüdliche Aufklärungsarbeit der ABDA in Berlin und der Apotheker in den Regionen die Politik nicht kalt lässt. Angesichts der politischen Gesamtlage erscheint es aber unwahrscheinlich, dass Fraktion und Ministerium den Streit über ein Thema wie das BSSichG endlos fortsetzen.

Die SPD hat ganz andere Probleme. Die Gewerkschaften suchen den offenen Konflikt mit Bundeskanzler Gerhard Schröder. Es gilt, die Parteilinke notdürftig auf die Agenda 2010 einzuschwören. Oskar Lafontaine entwickelt sich zum Jürgen Möllemann der Sozialdemokratie.

Der Partei fällt es schwer, bei zentralen sozialdemokratischen Positionen einen internen Konsens zu finden, da wird man sich sicherlich nicht von einer kleinen Berufsgruppe wie den Apothekern entzweien lassen. Sie gelten in der Mehrheit ohnehin nicht als sozialdemokratische Stammwähler, und Gewerkschaftler sind sie in der Regel auch nicht. Die Ministerin und die SPD-Parlamentarier werden sich zu Gunsten der Parteiräson und zu Ungunsten der Apotheker wahrscheinlich wieder vertragen.

Die Wogen werden sich spätestens glätten, wenn Ulla Schmidt in Kürze das Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz vorstellt. Es enthält unter anderem das neue Modell zur Honorierung der Apotheker. Damit würde das BSSichG aus Schmidts Sicht zum Auslaufmodell. Die jetzt noch opponierenden SPD-Abgeordneten könnten das bevorstehende Ende des BSSichG als Erfolg verbuchen. Schließlich soll die neue Preisverordnung das Spargesetz ablösen. Das BSSichG war ohnehin als Übergangsgesetz geplant, doch wer wird das am Ende noch so genau wissen wollen? Die Apotheker schauen derweil in die Röhre - es sei denn, es geschieht doch noch ein Wunder.

Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur
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