Verantwortung |
28.05.2001 00:00 Uhr |
Ein großes Kompliment muss der Bundesapothekerkammer und dem Wissenschaftlichen Beirat gemacht werden. Anstelle einer berufspolitischen Diskussion widmeten sie dem augenblicklich heiß diskutierten Thema "Embryonale Stammzellen" den Mittwoch Nachmittag beim Pharmacon Meran.
Kompliment auch deshalb, weil das Thema nicht nur vom DPhG-Präsidenten Professor Dr. Theo Dingermann aus wissenschaftlicher, sondern auch von dem Moraltheologen Professor Dr. Eberhard Schockenhoff, Mitglied des neu geschaffenen Nationalen Ethikrates, aus ethischer Sicht beleuchtet wurde.
Die Erkenntnisse der modernen Embryologie und Genetik hatten den deutschen Gesetzgeber Anfang der neunziger Jahre bewogen, das Embryonenschutzgesetz zu verabschieden. Es rückt menschliches Leben vom Beginn an, also vom Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei und Samenzelle, in den Schutzbereich der Menschenwürde. Damit verbietet es die Forschung mit embryonalen Stammzellen.
Bundespräsident Johannes Rau hat diese Position in seiner Rede am 18. Mai 2001 in Berlin noch einmal bestärkt. Die Diskussion wurde weiter angeheizt, weil sich einige Politiker eine Liberalisierung wünschen und das Embryonenschutzgesetz ändern wollen. Die Begründung: Was in England erlaubt ist, könne in Deutschland nicht verboten werden. Einige Forscher sind sogar der Meinung, man sollte Embryonen importieren oder Stammzellen in Großbritannien aus Embryonen isolieren und diese Zellen importieren.
Das Argument, es könne in Deutschland nicht verboten werden, was in anderen Ländern erlaubt ist, wertete Schockenhoff als Aufruf zur moralischen Kapitulation. Es könne nicht alles erlaubt werden, was möglich ist. Schockenhoff fasste dies in der Äußerung zusammen: Der ethische Grundsatz der Anerkennung der Menschenwürde verträgt keine Abschwächung, sondern fordert auch dort Geltung, wo ihm mögliche gesundheitliche Interessen künftiger Generationen, forschungspolitische Standortüberlegungen oder ökonomische Gewinnerwartungen entgegenstehen. Er forderte deshalb die Wissenschaftler auf, nach neuen Methoden der Stammzellengewinnung zu suchen.
Ich gehe davon aus, dass niemand ernsthaft fordert, vermeintlich vollkommene Menschen zu klonen, was nach dem heutigen Kenntnisstand nur aus totipotenten Stammzellen, die nur aus Embryonen gewonnen werden können, möglich ist. Aber es besteht Interesse, nach dem Prinzip des "tissue energeering" Organe für Transplantationen zu entwickeln, was unter Umständen auch aus pluripotenten adulten Stammzellen - zum Beispiel aus Nabelschnurblut - möglich sein sollte. Da letztere keinen gesetzlichen Beschränkungen unterliegen, reduziert sich für mich die Diskussion primär auf die Frage nach dem Ausgangsmaterial.
Zunächst sollte aus meiner Sicht die Forschung mit den Stammzellen des Nabelschnurblutes intensiviert werden. Mütter sollten gebeten werden, ihr Nabelschnurblut nicht für viel Geld einfrieren zu lassen, sondern es für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. Das wäre ein insgesamt gesellschaftlich verantwortliches Handeln.
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