Veni, vidi, ... |
19.03.2001 00:00 Uhr |
Lässig, locker und fast immer gut drauf: So präsentiert sich nicht erst seit gestern Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), weit weniger als 100 Tage im Amt. Dass die positive Grundeinstellung der Ministerin, trotz der Gefahren, die das Ressort Gesundheit mit sich bringt, noch nicht gelitten hat, ist bemerkenswert.
Am 16. März traf sich Ulla Schmidt mit den Spitzen der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Wie bei den anderen Berufsgruppen aus dem Gesundheitswesen hörte sich die Ministerin genau die Positionen und Argumente der ABDA-Vertreter an. Das Resultat wurde am Sonntag während ihres Auftritts auf der Interpharm in Hamburg deutlich.
Beim Internethandel mit Arzneimitteln hatte Ulla Schmidt ihre zuletzt des öfteren vorgetragene Meinung einer Öffnung zu Gunsten des Handels via Worldwide Web anscheinend überdacht. Die Aachenerin betonte, dass die Apotheke als fester Bezugspunkt rund um das Arzneimittel Bestand haben werde. Überdies könne es nicht angehen, dass hochpreisige Arzneimittel via Versandhandel verschickt würden und die Apotheken sich mit den preiswerten Präparaten begnügen müssten.
Schmidt hört zu, nimmt auf und verarbeitet die neu gewonnenen Informationen. Sie hat schnell gelernt, deutlich schneller als ihre Vorgängerin. Nirgendwo habe man mehr Vorurteile anderen gegenüber als im Gesundheitswesen, hat die Ministerin in kürzester Zeit verstanden. Und dass in diesem Haifischbecken auch sie im Bedarfsfall zubeißen kann, ließ sie geschickt und ganz nebenbei fallen.
Nach gut zwei Monaten ist die Sozialdemokratin ihrem Ziel treu geblieben, zunächst mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen zu sprechen - und erst dann Entscheidungen zu treffen. Bei den Festbeträgen deutet sich nun - trotz der Torpedos aus den Reihen der Krankenkassen - ebenfalls ein Konsens für das jüngste Konzept aus dem BMG an. Ein hurtiges veni, vidi, vici will man da anstimmen. Doch sind Ulla Schmidt und das System von einem Sieg auf ganzer Länge noch weit entfernt.
Richtig und wichtig ist, dass die Ministerin eine gute Ablösung für die orientierungslose Vorgängerin Andrea Fischer (Grüne) ist. Die bislang eher schmächtige Kritik aus den Reihen der Opposition zeigt, dass der eingeschlagene Weg der Ministerin nicht der schlechteste und sehr schwer zu kritisieren ist. Von der FDP-Ankündigung einer Offensive gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung ist noch nicht einmal ein Nachhall geblieben.
So kann sich Schmidt in ihren Sessel zurücklehnen, zuhören, diskutieren und Entscheidungen treffen. Zuhören scheint eine ihrer Stärken zu sein. Erkannt hat dies auch die ABDA und bleibt im Gespräch. Die Teilnahme an einer Arbeitsgruppe mit Mitarbeitern aus dem Gesundheits- und aus dem Wirtschaftsministerium ist auf den Weg gebracht. Deren Ziel: die Zusammenführung valider Daten aus dem Gesundheitswesen. Die Apothekerschaft hat stets angeboten, hier einen wichtigen Beitrag leisten zu können. Schmidt will diese Quelle nutzen.
Auch dies kann als Beispiel gelten für die politische Professionalität der Genossin. Ihr Credo, Leistungserbringern wie -empfängern mehr Verantwortung zu übertragen, kommt gut an. Und so bleiben Kassen, Industrie, Ärzte und Apothekerschaft gerne im Gespräch.
Die Frage stellt sich, wie der runde Tisch mit all diesen Beteiligten aus dem Gesundheitswesen funktionieren wird. Den Moderationskünsten der Ministerin wird viel abverlangt. Aber eines ist gewiss: veni, vidi kann sie getrost behaupten. Ob es jemals zu einem Vici kommen wird, liegt beileibe nicht nur an einer einzelnen Ministerin, sondern am Konsenswillen im Gesundheitswesen insgesamt.
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