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Von der Zettelwirtschaft zur E-Akte

10.03.2003  00:00 Uhr

Von der Zettelwirtschaft zur E-Akte

von Gerd Moser, Berlin

Die Bundesregierung sieht in der flächendeckenden elektronischen Vernetzung im Gesundheitswesen ein erhebliches Einsparpotenzial. Ein wichtiger Bestandteil der Planungen ist die elektronische Gesundheitskarte, die nach den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums im Januar 2006 in ganz Deutschland zur Verfügung stehen soll.

„Die Qualität der Behandlung leidet darunter, dass individuelle Patientendaten und wissenschaftliche Erkenntnisse häufig zum Zeitpunkt der Behandlung nur lückenhaft präsent sind“, sagte Dr. Stefan Bales vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes Medizintechnologie in Berlin. So seien jährlich Tausende Todesfälle auf Arzneimittelunverträglichkeiten und unerkannte Wechselwirkungen zurückzuführen. „Die Informationstechnologie, um viele dieser Todesfälle zu verhindern, ist vorhanden“, sagte Bales. „Man bräuchte dafür die Arzneimitteldokumentation des Patienten und seine wichtigsten Daten in digitalisierter Form.“ Durch den Abbau der Zettelwirtschaft könne außerdem der Verwaltungsaufwand reduziert und der Patient stärker in Therapieabläufe einbezogen werden. Dies entspreche den Wünschen der Patienten: „Sie wollen mehr Informationen, mehr Aufklärung und mehr Mitsprache bei Therapieentscheidungen.“ Der mündige Patient trete zunehmend in der Rolle eines Kunden auf und erwarte Service, wie er ihn aus anderen Branchen kenne. „Dazu gehören“, so Bales, „auch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien.“

Problemfall Insellösung

Dass diese Techniken noch nicht in dem Maße verbreitet sind, wie vor einigen Jahren prognostiziert, hat nicht nur in der anfänglich überzogenen Euphorie der IT-Branche seinen Grund. Das entscheidende Problem im Gesundheitssystem sind die Insellösungen. Es sind zwar intelligente Techniken und Programme für die verschiedenen Teile des Systems vorhanden. Was aber bislang fehlt, ist eine übergreifende Koordination und Vernetzung. Nur wenn zum Beispiel der elektronische Entlassungsbericht einer Reha-Klinik online an Kostenträger, Haus- und Facharzt übermittelt und dort weiterverarbeitet werden kann, ist das System auch effizient.

Die Forderung nach einem übergeordneten, vernetzten Kommunikationssystem im Gesundheitswesen beschwört allerdings die Angst vor dem gläsernen Patienten herauf. „Diese Kritik“, sagte Bales, „kommt häufig von Gesunden.“ Wer persönlich betroffen sei, wünsche eine optimierte Behandlung, der Datenschutz stehe bei vielen nicht im Vordergrund. Aber auch die Bundesregierung sieht die Notwendigkeit von rechtlichen Regelungen zum Schutz der Daten, wenn die elektronische Krankenakte zum Standard und die Versichertenkarte zur E-Gesundheitskarte erweitert wird. „Auch jetzt ist nichts hundertprozentig sicher. Wir arbeiten eng mit Datenschützern und Patientenvertretern zusammen und hoffen, sogar eine Verbesserung der Datensicherheit zu erreichen“, sagte Bales. Mit der neuen Gesundheitskarte könnten die Patienten mitentscheiden, ob sie Informationen über ihren Gesundheitszustand anderen zugänglich machen oder nicht - ein wichtiger Punkt zur Steigerung der Akzeptanz des neuen Systems. Eine breite Akzeptanz ist entscheidend für den Erfolg der Gesundheitskarte, da die umfassende Nutzung der technischen Möglichkeiten auf freiwilliger Basis geschehen soll. Über Anreizsysteme für Patienten, die die Freiwilligkeit fördern sollen, wird im Ministerium derzeit nachgedacht.

Auf die Sprünge helfen

Auch mit einem Anreizsystem für Ärzte und Apotheker beschäftige sich eine Arbeitsgruppe im BMGS intensiv, sagte Bales, ohne dass er auf Details eingehen wollte. Mit derartigen Anreizen sollen die Investitionen in das System schmackhaft gemacht werden. Für die flächendeckende Einführung der Gesundheitskarte - mit E-Rezept, Arzneimitteldokumentation und Online-Aktualisierung des Zuzahlungsstatus - ist mit Investitionskosten in Höhe von 700 Millionen Euro zu rechnen. Diese Kosten sollen sich innerhalb von ein bis zwei Jahren amortisieren. Für die Apotheker erwarten Experten allerdings, dass die Investitionen in das E-Rezept etwas höher liegen werden als die Einsparungen. Die Prognose sieht für die Ärzte jedoch noch schlechter aus: Bei hohen Investitionen erzielen sie wohl kaum Einsparungen. Den größten Nutzen haben die Kostenträger, die bei geringen Aufwendungen mit hohen Einsparungen rechnen können - in dreistelliger Millionenhöhe. „Realistische Zahlen können wir erst nach der Auswertung von Modellprojekten nennen“, sagte Bales.

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