Licht und Schatten bei COX-2-Hemmern |
20.01.2003 00:00 Uhr |
Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) verbessern die Lebensqualität von Patienten mit rheumatoider Arthritis und anderen rheumatischen Erkrankungen deutlich, sagte Professor Dr. Dieter Steinhilber vom Institut für Pharmazeutische Chemie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Doch die Langzeittherapie mit diesen Substanzen kann auch unerwünschte Folgen haben.
Von 1000 mit NSAR behandelten Patienten entwickeln zwischen 30 und 40 ein Ulcus, 10 bis 15 müssen hospitalisiert werden. Einer bis zwei von 1000 Patienten sterben sogar an den Folgen. Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu rund 2000 NSAR-assoziierten Todesfällen.
Sowohl die erwünschten antipyretischen, antiphlogistischen und analgetischen als auch die unerwünschten Wirkungen der NSAR beruhen auf der Hemmung der Prostaglandinsynthese.
Diese Botenstoffe haben vielfältige Funktionen. Sie hemmen die Darmmotilität, die Natrium-Ausscheidung der Niere sowie die Thrombozytenaggregation. Am Entzündungsgeschehen sind sie beteiligt, indem sie unter anderem Schmerzrezeptoren sensibilisieren und Fieber induzieren. Im Magen wirken sie zytoprotektiv, stimulieren die Produktion von Magenschleimhaut und hemmen die Säuresekretion.
Da die Expression von COX-2 bei Entzündungen induziert wird, während COX-1 konstitutiv exprimiert wird, ging man bisher davon aus, dass die unerwünschten Effekte auf die Hemmung des COX-1-Enzyms zurückgehen. Diese Einteilung in »gute« und »böse« Cyclooxygenasen sei aber nicht so einfach, erklärte Steinhilber. Wie sich herausgestellt hat, hat auch COX-2 eine physiologische Bedeutung und wird in einigen Geweben wie Niere und Zentralnervensystem konstitutiv exprimiert.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass selektive COX-2-Inhibitoren wie Celecoxib und Rofecoxib die Nierenfunktion ebenso beeinträchtigen wie unselektive Cyclooxygenase-Hemmer. Außerdem unterdrücken sie die Wundheilung.
Allerdings sind die neuen Substanzen weniger ulcerogen als unselektive NSAR, ergaben zwei große Studien. Sowohl in der GLASS-Studie, die Celecoxib mit Ibuprofen verglich, als auch in der VIGOR-Studie, die Rofecoxib gegen Naproxen testete, traten unter Therapie mit dem selektiven COX-2-Hemmer deutlich weniger gastrointestinale Komplikationen auf als unter der Vergleichssubstanz. Bei Patienten, die wegen eines kardiovaskulären Risikos zusätzlich niedrig dosierte ASS erhielten, ging der protektive Effekt für den Magen-Darm-Trakt allerdings verloren.
COX-2-Inhibitoren hemmen nicht die Thrombozytenaggregation, da sie die Biosynthese von Thromboxan A2 nicht beeinflussen. Da sie aber die Bildung von Gefäß erweiterndem Prostacyclin im Endothel unterdrücken, verschieben sie das Gleichgewicht der beiden Mediatoren und könnten zu kardiovaskulären Komplikationen führen.
Diese Befürchtung bestätigte die GLASS-Studie nicht. In der Celecoxib-Gruppe war die Inzidenz von Schlaganfällen und Herzinfarkten gegenüber der Ibuprofen-Gruppe nicht erhöht. In der VIGOR-Studie dagegen traten in der Rofecoxib-Gruppe viermal mehr Herzinfarkte auf als in der Vergleichsgruppe. Ob es sich hierbei um einen relativen Anstieg (im Vergleich zu Naproxen) oder sogar um einen absoluten handelt, muss noch geprüft werden. Eventuell müssten Patienten mit kardiovaskulärem Risiko, die einen selektiven COX-2-Hemmer erhalten, zur Thromboseprophylaxe zusätzlich niedrig dosierte ASS einnehmen.
Besonders warnte Steinhilber vor einer Kombination von NSAR mit Glucocorticoiden, da diese Kombination das gastrointestinale Risiko um das Neunfache erhöht.
Auswirkungen der medikamentösen Cyclooxygenase-(COX)-Hemmung
Hemmung der COX-1 Hemmung der COX-2 + analgetische Wirkung + entzündungshemmende Wirkung + Hemmung der Thrombozytenaggregation + analgetische Wirkung - ulcerogene Wirkung im Magen-Darm-Trakt + fiebersenkende Wirkung - Beeinträchtigung der Nierenfunktion - Beeinträchtigung der Nierenfunktion - Beeinträchtigung der Wundheilung-: therapeutisch erwünschte Effekte; +: unerwünschte Effekte
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