Neue Targets für Antirheumatika |
20.01.2003 00:00 Uhr |
Neue Zielstrukturen bei der Therapie von Entzündungen und Schmerzen stellte Privatdozent Dr. Burkhard Hinz vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie der Universität Erlangen vor.
Zunächst ließ er die Entwicklung und den therapeutischen Einsatz selektiver COX-2-Inhibitoren wie Celecoxib, Rofecoxib, Valdecoxib und Etoricoxib Revue passieren. Neuere Befunde haben eine Diskussion angestoßen, ob präferenzielle COX-2-Hemmer mit einer partiell erhaltenen COX-1-Affinität, zum Beispiel Diclofenac und Aceclofenac, bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen langfristig therapeutisch günstiger sind, berichtete Hinz. Die selektiven COX-2-Hemmer blockieren die COX-2-abhängige Bildung von Prostacyclin im Endothel, lassen jedoch die Bildung von prothrombotischem, COX-1-abhängig synthetisierten Thromboxan unbeeinflusst. Somit könnten sie ein potenzielles kardiovaskuläres Risiko erhöhen, führte Hinz aus.
LOX/COX-Dualhemmer
Der Referent schilderte auch die Konzeption gastrointestinal verträglicher LOX/ COX-Dualinhibitoren wie Licofelone als Substratanaloga der Arachidonsäure. Dieser Ansatz beruht auf der so genannten Shunt-Hypothese. Man beobachtete, dass nach Hemmung des COX-Enzyms sein Substrat, die Arachidonsäure, vermehrt über den Lipoxygenaseweg metabolisiert wird. Auf diese Weise wird verstärkt Leukotrien B 4 gebildet, das als potentes Chemotaktikum für neutrophile Leukozyten wirkt und die Adhäsion dieser Zellen an der Wand postkapillärer Gefäße der Mucosa steigert. Im Zusammenspiel mit vasokonstriktorisch wirkenden Cysteinylleukotrienen entstehen Mikrozirkulationsstörungen, die sich lokal als Ischämie und Schleimhautläsionen manifestieren.
Da LOX/COX-Dualhemmer gleichzeitig die Biosynthese von Prostaglandinen und Leukotrienen hemmen, verhindern sie gastrointestinale Nebenwirkungen durch einen Leukotrienüberschuss. Somit lässt sich dieser Toxizitätsmechanismus mit den neuen Wirkstoffen durchbrechen, erklärte Hinz.
Für eine gute gastrointestinale Verträglichkeit ist eine intakte Mikrozirkulation in der Mucosa des Magen-Darm-Traktes notwendig. Diese wird durch Freisetzung von vasodilatatorisch wirkendem Stickstoffmonoxid (NO) aus den neuen »NO-NSAIDs« unterstützt. Der nachteilige Effekt einer Hemmung gastroprotektiver COX-1-abhängiger Prostaglandine wird damit kompensiert. NO-NSAIDs wie NO-Acetylsalicylsäure, NO-Naproxen oder NO-Flurbiprofen sind zusammengesetzt aus dem jeweiligen nicht steroidalen Antiphlogistikum, das über eine metabolisch labile Bindung mit einer NO-freisetzenden Salpetersäure-Struktur gekoppelt ist.
Am besten untersucht ist bislang NO-ASS. Gezeigt werden konnte, dass das in vivo freigesetzte NO die Aktivität des Enzyms Caspase-1 (Interleukin-1b-Konversionsenzym) und damit die Freisetzung von IL-1b und IL-18 hemmt. Da IL-1b und IL-18 die Bildung weiterer proinflammatorischer Zytokine wie TNF, IL-8 und IFN-g stimulieren, reduziert NO-ASS die Synthese von Entzündungsmediatoren.
COX-3 eher unwahrscheinlich
Kritisch bewertete Hinz neuere Hypothesen, die in dem nichtsauren Analgetikum Paracetamol einen COX-3-Hemmer vermuten und so seine zentrale analgetische und antipyretische Wirkung erklären wollen.
COX-3 als »Splicing«-Variante des COX-1-Enzyms mit einem mit COX-1 identischen katalytischen Zentrum komme vorrangig in der Hirnrinde, im Herz und der Aorta, nicht hingegen in der Nähe des Fieberzentrums vor. Hinz hält die Involvierung von COX-3 in die pharmakologische Wirkung von Paracetamol eher für unwahrscheinlich.
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