Pharmazeutische Zeitung online

Zwanzig Jahre Aids

28.01.2002  00:00 Uhr

PHARMACON DAVOS 2002

Zwanzig Jahre Aids

Zu Beginn der 80er-Jahre erkrankten an der Ost- und Westküste der USA zeitgleich zwei Patienten an einem Kaposi-Sarkom beziehungsweise einer Pneumocystis-Carinii-Pneumonie. Plötzlich kam es zu einem sprunghaften Anstieg des bis dahin unbekannten Immundefektsyndroms Aids, als dessen Verursacher schließlich die HI-Viren 1 und 2 identifiziert wurden - Retroviren mit einem ausgeprägten genetischen Polymorphismus.

Weltweit, aber vor allem in Südostasien, Zentralafrika und Südamerika hat der Virus bislang 20 Millionen Menschen das Leben gekostet, 40 Millionen sind infiziert. In der Bundesrepublik leben circa 50.000 HIV-Infizierte, wobei die Übertragung vorrangig durch Sexualkontakt, unter anderem aber auch von der Mutter auf das Kind während Schwangerschaft und Stillzeit erfolgt, informierte Professor Dr. Frank Goebel aus München.

Der Krankheitsverlauf ist extrem variabel, abhängig vom Phänotyp des Virus sowie von den HIV-Subtypen und den Besonderheiten des Wirtes. Die ersten Symptome einer akuten HIV-Erkrankung, die häufig übersehen werden, ähneln denen einer Virusgrippe mit Unwohlsein, Leistungsschwäche, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Fieber. Es folgt eine klinische Latenzphase, in der sich der Patient völlig gesund fühlen kann, obwohl das Virus serologisch hochaktiv ist und allmählich zu den spezifischen Symptomen und Aids-definierenden Erkrankungen führt. Anhand der CDC-Klassifikation und der so genannten ABC-Symptomatik schilderte der Referent die großen interindividuellen Unterschiede der Erkrankung: Sie kann von der Entwicklung des Aids-Vollbildes innerhalb kürzester Zeit bis hin zu asymptomatischen Verläufen über viele Jahre hinweg reichen.

Entscheidend für die Prognose der HIV-Infektion ist nach wie vor die Höhe der Virusreplikation, die in Form der Viruslast gemessen wird. Dabei ist die CD4-Viruslast nach Goebel "nicht das Maß aller Dinge, aber geeignet zur Beurteilung der Gefährdung des Patienten". Die Therapie nannte der Referent "extrem erfolgreich und effektiv". Es stehen heute 16 Medikamente zur Behandlung der HIV-Infektion zur Verfügung, die sich in die drei pharmakologisch unterschiedlichen Gruppen der Nukleosidische HIV-Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) wie Didanosin, Lamivudin, Stavudin, Zalcitabin, Zidovudin und Abacavir, der Protease-Inhibitoren (PI) wie Indinavir, Saquinavir, Ritonavir, Nefinavir und Amprenavir und der Nicht Nukleosidischen HIV-Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) Nevirapin, Efavirenz und Delavirdin gliedern.

Standard ist heute die Kombinationstherapie mit drei verschiedenen Medikamenten wie zum Beispiel einem PI und zwei NRTI, aber auch zwei PI plus 2 NRTI. Welche Kombination optimal ist, lässt sich laut Goebel noch immer nicht abschließend sagen. Die Compliance sollte möglichst hoch sein: "Wenn diese unter 95 Prozent liegt, ist das der beste Weg zur Bildung von Resistenzen und Entwicklung von Unwirksamkeit", betonte der Referent. Die Therapie sei mitunter eine "pharmakologische Zumutung" und bringe mit sich, dass die Medikamente langfristig geradezu "sklavisch" einzunehmen sind. Als neue Substanzen und Konzepte nannte Goebel unter anderem die Fusionsinhibitoren, Integrasehemmstoffe sowie die Immuntherapie hervor.

"Es gibt kaum eine Erkrankung, bei der so viel über die Therapie diskutiert werden muss, da die Betroffenen extrem gut informiert sind", sagte er. Als Grund für Therapieversager nannte Goebel die geringe antivirale Wirksamkeit falscher Kombinationen, mangelnde Compliance, reduzierte Absorption und reduzierte Aktivierung sowie Resistenzbildung. Die antiretrovirale Kombinationstherapie kann zu starken Nebenwirkungen wie zum Beispiel einer Lipodystrophie mit Umverteilung des Fettgewebes führen. Dabei sammelt sich Fett im Nacken beziehungsweise intraabdominellen Bereich, während das subkutane Fettgewebe an den Wangen verloren geht, was von den Patienten als extrem belastend beschrieben wird.

 

Zurück zur Übersicht Top

© 2002 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa