Überlastung beim Laufsport |
20.01.2003 00:00 Uhr |
»Laufen ist zum Volkssport geworden«, sagte Dr. Thomas Wessinghage, Ärztlicher Direktor der Reha-Klinik Damp und erfolgreicher Spitzensportler. Dieser Trend ist erfreulich, da Bewegung enorme gesundheitliche Vorteile bringt.
Regelmäßiges Laufen senkt das Sterberisiko um 34 Prozent, wie eine Metaanalyse von insgesamt 30 Studien ergab. Die Kehrseite der Medaille sind Verletzungen. »Leistungssportler setzen ihre Gesundheit bewusst bis fahrlässig aufs Spiel«, so Wessinghage. Aber auch bei Hobbysportlern treten oft genug Überlastungsbeschwerden auf. Während Blutdruck und andere Herz-Kreislauf-Parameter streng kontrolliert würden, schenkten Sportler ihrem Bewegungsapparat kaum Aufmerksamkeit. Daher finden sich viele von ihnen – ausgestattet mit einem gut funktionierenden Stoffwechsel und kräftigem Herz-Kreislauf-System – beim Orthopäden wieder.
Richtig laufen lernen
Beim Laufen ist vor allem die richtige Haltung wichtig, erklärte der mehrfache Deutsche Meister sowie Weltcup- und Europacupsieger über verschiedene Distanzen. Becken und Hüfte sollten während des Laufens gerade bleiben. Hierfür ist die Rumpfmuskulatur, hauptsächlich der mittlere und kleine Gesäßmuskel, verantwortlich.
Sind diese Muskeln untrainiert, sinkt das Becken bei jedem Schritt nach einer Seite hin ab; der Läufer versucht, diese Fehlbewegung mit Gegenbewegungen der Schultern und Arme auszugleichen. Hierdurch kann es zu Überlastungen und Beschwerden an den unteren Extremitäten, vor allem an Hüfte, Knie und Sprunggelenk kommen, erklärte der Sportmediziner.
Wenn Läufer ermüden, verstärken sich die Ausgleichsbewegungen des Oberkörpers. »Die Beine fangen an zu schlingern«, und das Verletzungsrisiko steigt deutlich. Daher ist es gesünder, kurz und häufig zu laufen als selten und lang, erläuterte der Mediziner.
Auch kleine Verletzungen des Bewegungsapparates, die schon lange zurückliegen, können Ausweichbewegungen auslösen, die andere Bereiche des Systems überbeanspruchen.
Schuhe, die dem Abknicken des Fußes nach innen – der so genannten Pronation – vorbeugen sollen, beurteilte Wessinghage kritisch. Sie verhindern Bewegungen des Sprunggelenks, wodurch Hüfte und Knie stärker belastet werden. Solche Schuhe wären sinnvoll, wenn die meisten Verletzungen an den Sprunggelenken aufträten. Dies ist aber nicht der Fall: Jedes Jahr erhalten in Deutschland etwa 100.000 Menschen eine künstliche Hüfte und fast 30.000 Menschen ein neues Kniegelenk.
Die Ursachen von Überlastungsbeschwerden können Orthopäden anhand von Video-unterstützten Bewegungsanalysen ermitteln. Auf dieser Basis werden geeignete Behandlungsprogramme entwickelt. Diese bestehen meist in gezieltem Krafttraining ergänzend zum Ausdauertraining, das falsche Bewegungsabläufe verhindern soll. Eine medikamentöse Therapie ist nur flankierend sinnvoll, um nötige physiotherapeutische Maßnahmen einleiten zu können, schloss Wessinghage.
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