Pflanzliches gegen Rheumabeschwerden |
20.01.2003 00:00 Uhr |
Phytopharmaka sollten bei der Therapie rheumatischer Erkrankungen die Rolle von Adjuvantien übernehmen, sagte Professor Dr. Irmgard Merfort vom Institut für Pharmazeutische Biologie in Freiburg. Sie könnten als Begleittherapie zu einer Dosisreduktion von nicht steroidalen Antirheumatika oder von Glucocorticoiden führen. Voraussetzung sei, dass es sich um gut untersuchte standardisierte Produkte handelt, die den modernen Kriterien einer rationalen Phytotherapie standhalten.
Pflanzliche Arzneimittel hätten den Vorteil, keine Monosubstanzen zu enthalten, denn der Extrakt sei der Wirkstoff. Daraus ließen sich additive und synergistische Effekte ableiten. Pflanzliche Produkte hätten sich außerdem oft als besser verträglich erwiesen im Vergleich zu chemisch-synthetischen Wirkstoffen. Komplex zusammengesetzte Arzneimittel bereiteten allerdings auch Schwierigkeiten bei der Bestimmung von Bioverfügbarkeit und Pharmakokinetik und in der Zuordnung des Wirkprinzips.
Zur Schmerz- und Rheumatherapie werden eine Reihe von Pflanzendrogen und deren Zubereitung verwendet. Merfort nannte zur peroralen Applikation Weidenrinde, Teufelskrallenwurzel, Weihrauch, Brennnesselkraut, Johannisbeerenblätter und -samen, Borretschsamen, Goldrutenkraut, Pappelrinde und Eschenrinde.
Für die äußerliche Anwendung stehen Paprika, Arnikablüten, Beinwellkraut und verschiedene ätherische Öldrogen zur Verfügung.
Leider lägen nur für einige Produkte valide klinische Daten oder gute Hinweise für eine Wirksamkeit bei rheumatischen Erkrankungen vor. Merfort beschränkte sich daher im weiteren Vortrag auf Weidenrinde, Teufelskrallenwurzel und Arnikablüten.
Weidenrinde und Teufelskralle
Die Weidenrinde hat eine mehrtausendjährige Geschichte und wurde in vielen Kulturen medizinisch eingesetzt. Sie gilt als phytotherapeutischer Vorläufer der Acetylsalicylsäure. Als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe wurden Salicin zusammen mit den Esterprodrugs Tremulacin und Salicortin isoliert, die zur Salicylsäure, der eigentlichen Wirkform, metabolisiert werden.
1984 erstellte die Kommission E eine positive Bewertung und empfahl eine mittlere Tagesdosis von 60 bis 120 mg Gesamtsalicin. Die European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) gibt 240 mg an. Die Dosis liegt damit unter der empfohlenen Dosis für Acetylsalicylsäure, was darauf hinweist, dass die analgetische Wirkung der Weidenrinde nicht nur auf Salicylsäure zurückgeführt werden kann. Der Wirkungsmechanismus ist noch nicht klar. Weidenrindenextrakt ist kein COX-1- oder COX-2- Hemmer. Es blockiert auch nicht den Transkriptionsfaktor NF-kB. Wahrscheinlich lässt sich die Wirkung auf die Synthesehemmung der Messenger-RNA zurückführen. Klinisch hat die Weidenrinde ihre Wirksamkeit in mehreren doppelblinden Studien nachgewiesen.
Auch Teufelskrallenwurzel beziehungsweise deren Extrakt wurden von der Kommission E und der ESCOP positiv bewertet. Die Präparate eignen sich nicht zur Akuttherapie, da die Wirkung nicht sofort eintritt. Es gibt wässrige und ethanolische Extrakte, die nicht gleich zusammengesetzt und damit nur schwer miteinander vergleichbar sind. Die klinischen Daten sind noch unzureichend.
Die Wirkung soll vom Harpagosid, einem Iridosidglykosid, ausgehen. Der Wirkungsmechanismus ist noch unklar. Diskutiert wird, dass sowohl die Prostaglandin- als auch die Leukotriensynthese beeinflusst wird.
Arnika: Mechanismus bekannt
Die meisten Daten konnte Merfort zu Arnica montana mitteilen, zumal sie an der Erforschung der Arnika mit ihrer Arbeitsgruppe nicht unwesentlich beteiligt ist. Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe sind bekannt. Es handelt sich um Sesquiterpenlactone vom Pseudoguaianolid-Typ wie Helenaline und Dihydrohelenaline. Zur Wirkung tragen auch Flavonoide, Chlorogensäure und das ätherische Öl bei.
Der Wirkungsmechanismus ist ebenfalls geklärt. Die Zubereitung hemmt die Transkriptionsfaktoren NF-kB und NF-AT und beeinflusst damit die Synthese von Cytokinen und der Cyclooxigenase. Klinisch ist die Arnika leider nicht gut dokumentiert. In einer offenen Studie hat sie sich als gleichwertig mit einem Diclofenac-Gel erwiesen. Beachtet werden muss allerdings, so Merfort, dass Arnika-Zubereitungen Hautreaktionen mit Bläschenbildung bis hin zu Nekrosen auslösen können.
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