Pharmazeutische Zeitung online

Guter Rat ist selten

27.09.1999  00:00 Uhr

- Computerpraxis Govi-Verlag CYBERDOCS IM INTERNET

Guter Rat ist selten

von Axel Helmstädter, Heidelberg

Der Deutsche Apothekertag beschäftigt sich in dieser Woche auch mit Arzneimittelrecht und neuen Medien. Wie wichtig dieses Thema ist, zeigt eine Heidelberger Untersuchung, die beim vierten Weltkongress für Internet und Medizin (MedNet) vorgestellt wurde. Das Fazit: Medizinisch-pharmazeutische Internet-Angebote sind vielfach von zweifelhafter Qualität.

Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Thomas L. Diepgen vom Institut für Klinische Sozialmedizin der Heidelberger Universität untersuchte Internetquellen für die Potenzpille Viagra®. Die Wissenschaftler konnten 22 Versender identifizieren, die sich in drei Gruppen einteilen ließen: Zwei verlangten eine echte ärztliche Verschreibung, neun verzichteten auf jegliche ärztliche Einflussnahme und elf behaupteten, der von Besteller auszufüllende Fragebogen werde von einem Arzt durchgesehen.

Die Testkäufer orderten bei zehn Firmen der letzten Gruppe, allerdings unter Angabe einer offensichtlich unsinnigen Indikation: Sie gaben sich als 69-jährige, übergewichtige, weibliche Patientin mit Koronarer Herzkrankheit und Bluthochdruck aus, die regelmäßig Captopril, Pravachol, Atenolol und Erythromycin einnehme. Als Grund für die Bestellung wurde die Schwierigkeit genannt, einen Orgasmus erleben zu können.

Trotz der eindeutigen Kontraindikationen lieferten drei Versender anstandslos nach 6, 10 und 34 Tagen. Von den anderen verweigerte einer die Lieferung ohne Angabe von Gründen, zwei verwiesen auf Schwierigkeiten beim Import. Einmal wurde der Rat erteilt, alle anderen Medikamente vor Einnahme von Viagra® abzusetzen, in einem weiteren Fall bot die virtuelle Apotheke an, Cimetidin-Tabletten gleich mitzuliefern, da die gleichzeitige Einnahme zu einer deutlichen Erhöhung der Sildenafil-Blutspiegel führe und daher eine bessere Wirkung erwarten lasse. Zwei derjenigen, die nicht lieferten, belasteten trotzdem die Kreditkarte des Auftraggebers. Nur drei teilten mit, das Arzneimittel sei nicht für Frauen gedacht, ein Versender verweigerte die Lieferung mit Hinweis auf medizinische Bedenken wegen Koronarer Herzkrankheit.

E-Mail-Anfragen

Zu Testzwecken schickten die gleichen Wissenschaftler E-Mails an 17 Mediziner weltweit, die im Internet ausdrücklich für ihre Auskunftsdienste warben. In laienhafter Sprache schilderten sie die Symptome eines Herpes zoster unter immunsupressiver Therapie. Nur sieben der Angeschriebenen antworteten detailliert, zwei davon gaben eine medizinisch falsche Antwort. Die gleiche Frage wurde an Ärzte geschickt, deren E-Mail zwar bekannt war, die aber nicht ausdrücklich zur Konsultation aufforderten. Die Untersucher bekamen in jedem zweiten Fall eine Antwort, fast immer wurde geraten, persönlich einen Arzt aufzusuchen. 31 Prozent der konsultierten Mediziner weigerten sich, wie es im übrigen deutsche Standesrichtlinien vorsehen, Rat zu erteilen, ohne den Patienten gesehen zu haben.

Tipps zur Nikotinentwöhnung

Enttäuschende Ergebnisse brachten auch Untersuchungen von Medizininformatikern der Universität Wien. Sie bewerteten im Internet feilgebotene Produkte zur Nikotinentwöhnung. Dabei fanden sie 15 verschiedene Hilfsmittel, von denen nur fünf als medizinisch sinnvoll angesehen werden können. Zu den zweifelhaften Angeboten gehörten wirkungslose Rauchfilter, unsinnige Phytopharmaka, CD-ROMs mit Entspannungsmusik und ein Taschen-Safe zum Wegschließen von Zigarettenschachteln. Auch Kräuterzigaretten wurden angeboten, die zum Teil Kohlenmonoxid freisetzen und daher als gesundheitsschädlich gelten.

Qualitätskontrolle notwendig

Angesichts solch enttäuschender Test-Ergebnisse forderten Cybermedizin-Experten während der dreitägigen MedNet-Konferenz, Qualitätsstandards für medizinische Informationen im Internet zu etablieren und Seiten, die diese Norm erfüllen, mit einem fälschungssicheren Gütesiegel zu kennzeichnen. Aus Sicht des Verbraucherschutzes wäre dies dringend notwendig, denn Untersuchungen zufolge sucht mindestens ein Drittel aller Internet-Nutzer Gesundheitsinformationen . Top

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